Weltklimarat alarmiertDas 1,5-Grad-Ziel ist schon bald überschritten
dpa/amo
20.3.2023 - 16:35
Ohne drastische Schritte wird 1,5 Grad-Ziel verfehlt
Ohne drastische Minderungen der klimaschädlichen Treibhausgasemissionen noch in diesem Jahrzehnt wird das 1,5-Grad-Ziel der Erderwärmung in den 2030er Jahren überschritten. Das macht der Weltklimarat in seinem Synthesebericht vom Montag so deutlich wie nie zuvor.
20.03.2023
Um den Klimawandel zu bekämpfen, müssen sowohl das Tempo wie auch die Massnahmen gesteigert werden. Zu diesem Schluss kommt der Weltklimarat. Die 1,5-Grad-Erwärmung werde bald überschritten.
DPA, dpa/amo
20.03.2023, 16:35
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Ohne drastische Minderungen der klimaschädlichen Treibhausgasemissionen noch in diesem Jahrzehnt wird das 1,5-Grad-Ziel der Erderwärmung bereits in den 2030er Jahren überschritten. Das macht der Weltklimarat (IPCC) in seinem Synthesebericht vom Montag so deutlich wie nie zuvor.
«Der Klimawandel ist eine Bedrohung für das menschliche Wohlbefinden und die Gesundheit des Planeten», heisst es in dem in Interlaken präsentierten Bericht. Die Erwärmung liegt bereits bei rund 1,1 Grad. Fast die Hälfte der Weltbevölkerung, bis zu 3,6 Milliarden Menschen, leben demnach in Regionen, die besonders starke Folgen des Klimawandels erleben dürften.
Eigentlich wollten die Staaten einen höheren Anstieg als 1,5 Grad möglichst verhindern, um noch schlimmere Auswirkungen der Erderhitzung abzuwenden. Damit die Erderwärmung 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau (1850-1900) nicht oder nur vorübergehend überschreitet, müssten die weltweiten CO2-Emissionen bis 2030 allerdings um 48 Prozent gegenüber 2019 sinken.
Derzeit steigen sie jedoch – nach einem kleinen Rückgang wegen der Corona-Pandemie geht es wieder steil nach oben. Erstmals gibt der Weltklimarat auch eine Vorgabe für 2035: minus 65 Prozent gegenüber 2019. «Das Tempo und der Umfang der bisherigen Massnahmen sowie die derzeitigen Pläne sind unzureichend, um den Klimawandel zu bekämpfen», fasst er zusammen.
Dürre führt bereits zu mehr Todesfällen
Die Dringlichkeit, bis 2030 etwas zu tun, ist gestiegen», sagte Mitautor Matthias Garschagen, Klimaforscher an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität. Der Klimawandel schreitet schneller voran und die Folgen sind stärker als zunächst gedacht, geht aus dem Bericht hervor. Schon jetzt sind Folgen wie häufigere und stärkere Hitzewellen, Überschwemmungen und Dürren deutlich, etwa die Hitze und Überschwemmungen in Indien und Pakistan im 2022 und die anhaltende Dürre südlich der Sahara. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) berichtete gerade, dass es in Somalia wegen der Dürre im vergangenen Jahr bis zu 43'000 zusätzliche Todesfälle gegeben haben könnte.
Der Weltklimarat geht selbst in den beiden optimistischsten Szenarien mit sehr deutlicher Emissionsminderung davon aus, das die Erwärmung 1,5 Grad vorübergehend überschreiten dürfte, und dies für mehrere Jahrzehnte. Warum, ist klar: «Öffentliche und private Finanzströme für fossile Brennstoffe sind immer noch grösser als die für Klimaanpassung und Klimaschutz», hiess es in dem Bericht.
Das neue Dokument beruht auf acht Berichten, die Tausende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern seit gut acht Jahren erarbeitet haben. Es bringt ihre Erkenntnisse auf den Punkt und dient als Handlungsgrundlage für Politiker. Der Weltklimarat (IPCC) ist ein Gremium aus 195 Mitgliedsländern.
Sie haben tagelang um jede Formulierung gerungen und den Synthesebericht abgesegnet. Das ist zwar mühsam, bedeutet aber, dass sie den Inhalt nicht mehr in Zweifel ziehen. Darauf aufbauend wollen sie in diesem Jahr anschauen, wie sich die bislang versprochenen Massnahmen mit den Klimaschutzzielen vereinbaren lassen (global stocktake). Dieser Bericht zeigt: Die Bilanz wird ernüchternd ausfallen.
Anpassung wird immer teurer
Der Weltklimarat ruft in Erinnerung, dass die durchschnittliche globale Oberflächentemperatur seit 1970 so stark gestiegen ist wie in keiner anderen 50-Jahre-Periode seit mindestens 2000 Jahren. Er stellt stärker als zuvor heraus, wer am meisten geschädigt wird: «Verwundbare Gruppen, die in der Vergangenheit am wenigsten zum aktuellen Klimawandel beigetragen haben, sind unverhältnismässig stark betroffen.»
Die Differenz zwischen den geschätzten Kosten der nötigen Anpassungen und den eingeplanten finanziellen Mitteln wachse, so der Weltklimarat. Er verweist darauf, dass reiche Länder ihr Versprechen von 100 Milliarden Dollar im Jahr für die ärmsten Länder noch nicht umgesetzt haben. Dabei sei global genügend Geld vorhanden, um die klimaschädlichen Treibhausgase zügig zu reduzieren. Regierungen müssten durch Förderung von Projekten und Studien, Subventionen und Rahmenbedingungen für Investoren die richtigen Zeichen setzen. «Der Ball liegt im Feld der Politik», sagte Mitautor Oliver Geden.
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