Unkaputtbar Wie eine Million Ameisen aus einem sowjetischen Atombunker flohen

phi

6.11.2019

Ein Bunkerboden voller Ameisen: Wie kamen sie dorthin? Wie überlebten sie ohne Nahrung.
Ein Bunkerboden voller Ameisen: Wie kamen sie dorthin? Wie überlebten sie ohne Nahrung.
Bild: Wojciech Stephan

2013 entdecken Forscher in einem polnischen Nuklearbunker Ameisen. Drei Jahre später hatte sich die Kolonie vergrössert, obwohl es weder Nahrung noch Licht gab. Nun ist klar, wie das möglich war.

Die Wissenschaftler waren überrascht. Sicher, es war ihr Auftrag, an diesem unwirtlichen Ort Leben aufzuspüren und es zu studieren. Aber mit diesen Wesen hatten die Biologen nicht gerechnet, als sie in Warschau einen Atombunker aus Sowjetzeiten aufsuchten.

Neben den Fledermäusen, die 2013 ihr eigentliches Ziel waren, stiess das Team der polnischen Wissenschaftsakademie auch auf viele krabbelnde Vertreter der Gattung Formica Polyctena – besser bekannt als Kleine Rote Waldameise. Das war insofern überraschend, weil den Tieren weder Licht noch Nahrung zur Verfügung stand.

Die Kolonie bestand dabei ausschliesslich aus Arbeitern: Eine Reproduktion war auf diesem Wege ausgeschlossen. Das Erstaunen der Biologen war also gross, als sie 2016 in den Nuklearbunker zurückkehrten – und sich die dort gefangene Kolonie sogar noch vergrössert hatte. Rund eine Million der Insekten tummelten sich drei Jahre später in der Anlage.

Nun haben die Forscher eine plausible Erklärung für das Auftreten der Ameisen – und sie können auch erklären, wie die Kolonie schliesslich aus dem Bauwerk herausgekommen ist. Zuerst stellt sich aber die Frage, wie sie hereingekommen sind: Wie die Wissenschaftler im «Journal of Hymenoptera Research» schreiben, seien die Ameisen aus einem Nest oberhalb eines Lüftungsschachts an der Aussenwand in den Bunker gefallen.

Last Exit Bunker: Durch diesen Lüftungsschacht fielen die Tiere in die Anlage.
Last Exit Bunker: Durch diesen Lüftungsschacht fielen die Tiere in die Anlage.
Bild: Wojciech Stephan

Obwohl sie dort kein Futter hatten, konnten die Tiere überleben, in dem sie die Körper gestorbener Artgenossen verwerteten. Dass sich die Kolonie vergrösserte, obwohl sie aus Arbeitern bestand, ist ebenfalls dem Nest zu verdanken, aus dem weiterer Nachschub herausfiel. Was sich für Menschen wie die Hölle auf Erden anhört, war für die Ameisen bloss eine pragmatische Art zu überleben.

Über eine Holzlatte stiegen die Tiere nach oben, hatten aber keine Chance, zurück ins Nest zu kommen. 
Über eine Holzlatte stiegen die Tiere nach oben, hatten aber keine Chance, zurück ins Nest zu kommen. 
Bild: Wojciech Stephan

Der – sozusagen – menschliche Teil dieser Studie: Das Team öffnete den Tieren im September 2016 ein Hintertürchen in die Freiheit. Sie stellten ein Stück Holz so auf, dass die Ameisen Gelegenheit hatten, über den Lüftungsschacht zurück zu ihrem Ursprungsnest zu kommen. Bereits fünf Monate später hatten sie den Bunker verlassen. Das Experiment zeige, wie hoch die Anpassungsfähigkeit der Ameisen sei, schliesst die Studie.

Mit einem Stück Holz in die Freiheit: Heute gibt es keine Ameisen mehr in dem Bunker.
Mit einem Stück Holz in die Freiheit: Heute gibt es keine Ameisen mehr in dem Bunker.
Bild: Wojciech Stephan

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