Beitrag zur WissenschaftWo Hobby-Astronomen den Profis voraus sind
dpa
27.10.2018
Hobby-Astronomen entdecken Asteroiden, kartieren Galaxien und helfen bei der Suche nach Meteoriten. Aber wie wertvoll sind ihre Daten für die Wissenschaft tatsächlich?
In klaren Nächten schaut Erwin Schwab vom Kleinen Feldberg im Taunus tief in unser Sonnensystem. Mit dem Teleskop der «Hans-Ludwig-Neumann Sternwarte» jagt er Himmelskörper, die bisher unter dem Radar der Profi-Astronomen geblieben sind: Kleinplaneten. Das sind Objekte mit einer Grösse bis zu mehreren Kilometern Durchmesser, die um die Sonne kreisen. Manchmal können sie der Erde auch gefährlich nahe kommen.
Amateur entdeckt 86 Himmelskörper
Zwischen 1998 und 2009 entdeckte er durch nächte- und jahrelange Beobachtung 86 Himmelskörper. 31 davon durfte er selber taufen. Daher kreisen nun auch «Skywalker» und «Tatooine» - benannt nach dem Helden aus «Star Wars» und seinem Heimatplaneten - um die Sonne. «Beruflich beschäftige ich mich eher mit dem Mikrokosmos, hobbymässig mit dem Makrokosmos», sagt der Schwerionenforscher und lacht laut und ansteckend.
Von der Schotterpiste, die die letzten Meter zur Sternwarte hinauf führt, sind die weissen Kuppeln kaum zu sehen. Der Zutritt ist Mitgliedern des Physikalischen Vereins Frankfurt vorbehalten. «Ob man als angestellter Profi-Astronom oder gut ausgerüsteter Freizeit-Astronom etwas Sinnvolles beobachtet, macht keinen Unterschied», sagt Sven Melchert, Vorsitzender der Vereinigung der Sternfreunde. In dem Verein sind Amateur-Astronomen aus allen Teilen Deutschlands organisiert.
Perseiden 2018: Sternschnuppen verzaubern die Erde
Perseiden 2018: Sternschnuppen verzaubern die Erde
Sternengucker 2018 im Glück: Am zweiten Augustwochenende spielte Petrus bereitwillig mit und öffnete die Himmelspforten wie hier in Brandenburg, um den besten ...
Bild: Keystone
... Blick auf die Perseiden zu ermöglichen. Hier zieht eine Sternschnuppe über Skopje in Mazedonien hinweg.
Bild: Keystone
Freie Sicht herrschte fast überall in Europa: Hier leuchten die Sterne über einer katholischen Kirche in Weissrussland.
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Eine Sternschnuppe über dem Walchensee in Bayern: Der Meteor-Regen entsteht immer in dieser Jahreszeit, weil die Erde die Bahn eines Kometen kreuzt.
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Sterne über dem Kzjak-Fluss in Mazedonien: Der Komet hört auf den Namen 109P/Swift-Tuttle und zieht eine Staubspur hinter sich her, deren Teilchen...
Bild: Keystone
... um den 12. August herum in unserer Erdatmossphäre verglühen so wie diese Sternschnuppe über Einsiedl in Bayern.
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Auch in Dubai waren die Menschen – mehr oder weniger – von dem Sternenspektakel gefangen.
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Sternengucker par excellence: Himmel über dem Teleskop des Astronomischen Institut der Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik südlich von Prag.
Bild: Keystone
Der Boom, der durch die Digitalkamera unter den Hobbyforschern entstand, ist inzwischen allerdings abgeklungen. Durch neue, automatische Himmelsdurchsuchungen von Forschern ist der Anteil der Entdeckungen von Amateuren von 17,1 Prozent im Jahr 1997 auf 1,6 Prozent im Jahr 2017 gesunken, wie aus Daten des Minor Planet Center hervorgeht.
Wertvolle Meteoriten-Suche
Amateure leisten wertvolle Hilfe, etwa bei der Beobachtung von veränderlichen Sternen oder der Suche nach Meteoriten, sagt Axel Quetz vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg. «Kein Profiastronom hat Zeit, um Meteoriten zu suchen - bis auf die Amateure», meint Quetz. Diese Funde seien einigermassen wertvoll für die Astronomie, um zu verstehen wie das Sonnensystem mineralogisch zusammengesetzt ist.
Will man zudem Form und Grösse eines Kleinplaneten bestimmen, geht das auch nur mit vereinten Kräften. Der Durchmesser eines Kleinplaneten lässt sich nämlich nur dann berechnen, wenn ein Asteroid zufällig das Licht eines Stern verdeckt. «Auf dem kleinen Areal des «Schattenwurfs» müssen viele Beobachter stationiert werden, um aussagekräftige Messungen zu erzielen», sagt Schwab. Das sei schon immer eine Domäne der Amateure gewesen. Bei der Planung von potenziellen Landemanövern auf den Felsbrocken oder Abwehrmethoden seien solche Daten wichtig.
60 Jahre Nasa: Meilensteine der US-Raumfahrtbehörde
Die «National Aeronautics and Space Administration» wurde 1958 als zivile US-Bundesbehörde für Raumfahrt und Flugwissenschaft gegründet. Die NASA fungiert mit rund 17'000 Beschäftigten auch als wichtige geo- und klimawissenschaftliche Forschungsstation, doch ins kollektive Gedächtnis der Menschheit ist sie durch ihre Gehversuche im Weltall gerückt. Wir zeigen in dieser Galerie Schlüsselmomente der US-Raumfahrtbehörde.
Bild: Gemeinfrei/NASA
Ein erklärtes Fernziel der NASA mit Hauptsitz in Washington D.C. ist ein bemannter Flug zum Mars, möglicherweise mit dem in Entwicklung befindlichen Raumschiff Orion. Ob möglicherweise private Investoren der staatlichen Institution zuvorkommen, ist derzeit ungewiss. Diese Grafik spielt in jedem Falle noch Zukunftsmusik.
Bild: Gemeinfrei/NASA
Im Rahmen des New-Frontiers-Programms erforscht die NASA unser Sonnensystems mit Raumsonden. Die «New Horizons» hob im Januar 2006 ab, um den Pluto und seinen Mond Charon sowie den Kuipoergürtel zu erkunden. Im Januar 2019 sollte die Sonde den transneptunischen Himmelskörper 2014 MU69 erreichen.
Bild: Gemeinfrei/NASA
Ein «Selfie» des Marsrovers Curiosity am Aeolis Mons auf dem erdnächsten Planeten vom August 2015. Drei Jahre zuvor war die Sonde auf dem Mars gelandet. Seitdem hat die Curiosity gut 12 Kilometer zurückgelegt und gestochen scharfe Bilder von der leblosen Oberfläche des Roten Planeten geliefert.
Bild: Gemeinfrei/NASA
Die solargetriebene Sonde Juno wurde im August 2011 gestartet und schwenkte im Juli 2016 in eine Umlaufbahn um den Jupiter ein. Sie erforscht den Gasplaneten aus einer polaren Umlaufbahn.
Bild: Keystone
Was mit Sonden (noch) nicht erreichbar ist, wird für uns durch das Hubble-Weltraumteleskop sichtbar wie hier das Paar der etwa 70 Millionen Lichtjahre entfernten Antennen-Galaxien im Sternbild Rabe. Der um die Erde kreisende Satellit ist für das blosse Auge sichtbar, allerdings nicht von der Schweiz aus, da er nicht über den Horizont steigt
Bild: Gemeinfrei/NASA
Im Jahr 2021 könnte das in Entwicklung befindliche James-Webb-Weltraumteleskop die Nachfolge von Hubble antreten. Das wesentlich leistungsstärkere Teleskop ist ein Gemeinschaftsprojekt der NASA, der ESA und der kanadischen Weltraumagentur CSA.
Bild: Gemeinfrei/NASA
Die NASA liefert auch Daten über umweltrelevante Vorgänge auf der Erde und misst zum Beispiel die Grösse des Ozonlochs über der Antarktis ...
Bild: Gemeinfrei/NASA
... oder die weltweite Lichtverschmutzung.
Bild: Gemeinfrei/NASA
Gemeinsam mit anderen Raumfahrtbehörden begann die NASA 1998 mit dem Bau an der Internationalen Raumstation (ISS). Seit November 2000 ist die ISS dauerhaft von Astronauten bewohnt. Die in einer Höhe zwischen 370 bis 460 Kilometern um die Erde kreisende Station wird laufend erweitert und verbessert.
Bild: Gemeinfrei/NASA
Durch tödliche Unfälle erlebte die NASA im Laufe ihrer Geschichte auch schwere Rückschläge. So kam die gesamte siebenköpfige Besatzung der Raumfähre Columbia ums Leben ...
Bild: Keystone
... als das Space Shuttle am 1. Februar 2003 nach einer zweiwöchigen Mission beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre auseinanderbrach.
Bild: Keystone
Tief ins Gedächtnis der Menschheit brannte sich die Mission «Apollo 11» der NASA ein. Am 16. Juli 1969 startete die Raumkapsel an der Spitze der Trägerrakete Saturn V von Cape Canaveral in Florida ...
Bild: Gemeinfrei/NASA
... und brachte drei US-amerikanische Astronauten zum Mond. Der erste Mensch auf dem Erdtrabanten war am 21. Juli Neil Armstrong, der hier seinen Kollegen Buzz Aldrin fotografiert.
Bild: Gemeinfrei/NASA
Der erste Mensch, den die NASA in den Weltraum bringen konnte, war Alan Shepard. Nach einem 15-minütigen suborbitalen Flug erreichte er am 5. Mai 1961 wohlbehalten die Erdoberfläche. Der sowjetrussische Kosmonaut Juri Gagarin war der NASA allerdings mit seiner Erdumrundung am 12. April 1961 als erster Mensch im All zuvorgekommen.
Bild: Gemeinfrei/NASA
«Viele Augen sehen mehr»
Aber auch komplette Laien können ihren astronomischen Forscherdrang an verschiedenen Projekten ausleben. Diese werden unter der Bezeichnung «Citizen Science» oder Bürgerwissenschaft zusammengefasst und bauen auf das Motto «Viele Augen sehen mehr». Die Projekte auf der englischsprachigen Plattform «Zooniverse» lassen etwa jeden, der mit einem Computer ausgestattet ist, die Milchstrasse kartieren, Wetterphänomene auf dem Mars finden oder neue Galaxien aufspüren. «Man wird angeleitet und dann kann man es. Da sind auch Profis nicht besser», beschreibt Quetz die Einstiegshürde.
Um etwa Galaxien zu klassifizieren, klickt man sich beim Projekt «Galaxy Zoo» durch unendliche Bildergalerien von weisslich oder rötlich schimmernden Scheiben, die man nach dem Multiple-Choice-Prinzip verschiedenen Formen zuordnen muss. «Der Mensch ist darin tatsächlich noch am besten», sagt der Wissenschaftler. Ein Computer könne dagegen nur das erkennen, was man ihm vorher beibringt. Vor einigen Jahren habe eine Bürgerwissenschaftlerin auf diese Weise eine ungewöhnliche, grünlich schimmernde Galaxie gefunden, die dem Algorithmus verborgen geblieben wäre: Hannys Objekt, benannt nach der Entdeckerin Hanny van Arkel, Lehrerin in den Niederlanden.
Verteilung der Dunklen Materie im Universum messen
Computer sind allerdings keineswegs nutzlos. Profiastronomen simulieren mit ihrer Hilfe zum Beispiel die Verteilung der Dunklen Materie im Universum. «Man kann mit der Plattform BOINC Rechenzeit seines privaten Computers zur Verfügung stellen, um nach Gravitationswellen, Pulsaren oder Signalen von Ausserirdischen zu suchen», erklärt Quetz. Das kostenlose Programm der amerikanischen Berkeley Universität nutzt die Rechenleistung von Millionen von Computern, um ganz automatisch Daten auszuwerten.
Es ist die Neugierde, die die inzwischen mehr als 14 500 Galaxy-Zoo-Teilnehmer auf Weltraumbilder starren oder wie Schwab in die Nacht ziehen lässt. Inzwischen dürfe er auch grosse Teleskope der Europäischen Weltraumorganisation für seine Forschung fernsteuern, erzählt er. «Einen Kleinplaneten zu entdecken ist krass, man bekommt einen richtigen Adrenalinschub.»
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