Natur 36 Nutztiere gerissen – Berner Wölfin soll abgeschossen werden

sr, sda

19.2.2021 - 15:49

Ein Wolf im Tierpark Goldau. (Archivbild)
Ein Wolf im Tierpark Goldau. (Archivbild)
Keystone

Das Jagdinspektorat des Kantons Bern hat entschieden, dass eine im Kanton Bern lebende Wölfin abgeschossen werden soll. Das Tier, das seit längerem Schlagzeilen macht, hat laut den Behörden inzwischen zu viele Nutztiere gerissen.

Das bernische Jagdinspektorat stützt die Abschussverfügung auf die eidgenössische Jagdverordnung und das Konzept Wolf Schweiz, wie das Amt für Landwirtschaft und Natur des Kantons Bern am Freitag mitteilte.

In der Jagdverordnung steht, dass Kantone Wölfe dann zum Abschuss freigeben können, wenn diese in ihrem Streifgebiet mindestens 35 Nutztiere innerhalb von vier Monaten getötet haben. Im Fall der Wölfin F78 sind es inzwischen 36. Alle Nutztiere waren eingezäunt, doch entsprach der Zaun laut Kanton Bern nur in einem Fall den Anforderungen des Herdenschutzes.

Einzig Wildhüter dürfen die Wölfin abschiessen. Dies bis Ende März in einem Gebiet zwischen Gürbetal und Gantrisch. Noch haben das Bundesamt für Umwelt und bestimmte Organisationen ein Beschwerderecht.

Wie der kantonale Jagdinspektor Niklaus Blatter am Freitag auf Anfrage sagte, haben Bundesamt für Umwelt und die beschwerdeberechtigten Organisationen 30 Tage Zeit, Beschwerde gegen die Abschussverfügung einzureichen.

Allerdings hat das Jagdinspektorat allfälligen Beschwerden die aufschiebende Wirkung entzogen. Doch kann man gegen diesen Entscheid Einsprache einreichen. Es sei deshalb schwierig vorauszusagen, ob die Wölfin tatsächlich abgeschossen werden könne oder nicht, sagte Blatter.

Vergrämungsaktion misslungen

Nachdem die genannte Wölfin im Oktober 2020 17 Schafe gerissen und weitere verletzt hatte, beschloss der Kanton Bern eine Vergrämungsaktion. Das Tier sollte lernen, dass es Respekt vor dem Menschen haben muss und künftig Siedlungen meidet. War die Wölfin doch auch in der Nähe von Dörfern aufgetaucht.

Laut Blatter gelang es einem Wildhüter am 27. Januar, die Wölfin auf dem Längenberg bei Bern vors Gewehr zu bekommen. Der Wildhüter schoss zweimal hinter dem Tier in den Boden und die Wölfin verschwand – nur um 24 Stunden später wieder an dieselbe Stelle zurückzukehren. Dort hatte sie ein Tier gerissen.

Die Vergrämungsaktion zeigte also keine Wirkung. Zu weiteren kam es nicht.

Laut der Mitteilung bemühten sich Jagdinspektorat und der kantonale Herdenschutzbeauftragte «intensiv», die Riss-Serie von F78 zu unterbrechen: ausser mit der Vergrämungsaktion auch mit wiederholten Appellen an die Nutztierhalter. Sie sollten mehr Geld für wolfssichere Zäune ausgeben und Beratungen in Anspruch nehmen.

Zwar habe ein Teil der Nutztierhalter die Zäune aufgestellt oder die Schafe über Nacht in den Stall genommen. «Doch die Wölfin fand immer wieder ungenügend geschützte Tiere.»

Die Gemeinden im Gürbetal und im Gantrischgebiet werden nun künftig als «Gemeinden mit Wolfspräsenz» gelten. In solchen Gemeinden werden Nutztiere nur dann einem Abschusskontingent zugerechnet, wenn sie wolfssicher eingezäunt waren.

Bauernverband zufrieden

Mitte November verlangte ein Berner Grossrat in einem Vorstoss ein Konzept gegen «verhaltensauffällige Grossraubtiere», wie die Wölfin F78 eine sei. Das Büro des bernischen Grossen Rats taxierte den Vorstoss als dringlich. Mitte Dezember forderte der Berner Bauernverband einen besseren Schutz vor dem Wolf.

Er begrüsste am Freitag die Abschussverfügung. Der Kanton Bern nehme die Betroffenen ernst. Parallel zu diesem Abschussentscheid sei «weiterhin ein aktiver Herdenschutz gefordert».

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