Prozess in Thun Abrechnung unter türkischen Geschäftskonkurrenten

SDA

28.4.2020 - 19:08

Der Fall wird vor dem Regionalgericht in Thun verhandelt.
Der Fall wird vor dem Regionalgericht in Thun verhandelt.
Bild: Keystone (Archivbild) 

Ein türkischer Restaurantinhaber sowie dessen Vater und Bruder stehen seit Dienstag in Thun wegen versuchter vorsätzlicher Tötung vor dem Regionalgericht. Ihnen wird vorgeworfen, einen unliebsamen Geschäftskonkurrenten mit einem Messer angegriffen zu haben.

Den Messerangriff soll der Wirt ausgeführt haben, angefeuert von seinem Vater. Der Bruder hielt laut Anklage das Opfer fest. Dieses erlitt mehrere Stichwunden, die zwar nicht lebensgefährlich waren. Lebenswichtige Organ verfehlte die Messerklinge aber nur knapp.

Einst Freunde, dann Feinde

Bei dem Geschäftskonkurrenten handelt es sich um einen ehemaligen Mitarbeitenden des Wirts. Die beiden waren einst befreundet. Die Beziehung wurde aber unter anderem durch den Tod eines Sohnes des Konkurrenten belastet, für den er seien ehemaligen Arbeitgeber und Freund verantwortlich hält.

Der ehemalige Mitarbeiter beabsichtigte, in unmittelbarer Nähe des türkischen Restaurants ebenfalls einen solchen Gastrobetrieb zu eröffnen. Er werde das Lokal nach der Coronakrise eröffnen, zeigte sich der Mann überzeugt. Er habe das Recht, ein Restaurant zu eröffnen. «Wir leben hier in einem Rechtsstaat.»

Seinem ehemaligen Freund und Arbeitgeber habe es nicht gepasst, dass er in der Nähe ein Restaurant aufmachen wollte, gab der Mann am Dienstag zu Protokoll. Darum hätten sie ihn umbringen wollen. Er wolle sich nur um sein Leben und sein Geschäft kümmern, aber die Familie des einstigen Freundes schikaniere ihn immer wieder von neuem.

Verschiedene Versionen

Die Anklageschrift schildert das Geschehen folgendermassen: Der Restaurantbesitzer sah Anfang Januar 2019, wie der ehemalige Mitarbeiter zu seinem Geschäftslokal fuhr. Er behändigte laut Anklage einen scharfen Gegenstand, wahrscheinlich ein Messer, informierte seinen Bruder und begab sich zum Konkurrenten.

Dort kam es zum Streit. Nacheinander stiessen auch der Vater, das Oberhaupt der traditionellen Familie, und der Bruder des Restaurantsbesitzers dazu. Als das Opfer zu seinem Auto ging, kam es zum Angriff.

Laut Anklage soll der Vater spätestens nach dem zweiten Messerstich seinen Söhnen befohlen haben, das Opfer zu töten, im Wissen, dass ihm die Söhne gehorchen würden. Als das Opfer zu schreien begann, entfernten sich die Angreifer und liessen den verletzten Mann zurück.

Der Restaurantinhaber schilderte den Vorfall indessen anders. Sein einstiger Freund und heutiger Konkurrent habe vielmehr ihn mit dem Tod bedroht und mit einem Messer auf ihn einzustechen versucht.

Es sei wie in einem Albtraum gewesen und er habe «den Verstand verloren». Wie es zu den Verletzungen des Opfers kam, konnte der Angeklagte nicht schlüssig erklären. Dass er unverletzt davongekommen sei, sei ein glücklicher Zufall, wie er sagte.

Der Bruder und der Vater sahen sich vor Gericht beide als Schlichter in dem Geschehen. Er habe Einhalt geboten und gesagt «wartet, hört auf», betonte der Vater vor Gericht. Diese Aussage stützten seine beiden Söhne. Wie das Opfer zu seinen fünf Stichverletzungen kam, konnten aber auch Vater und Sohn nicht schlüssig erklären. Das Ganze sei eine chaotische Situation gewesen.

Das Opfer hingegen gab zu Protokoll, der Vater habe seinen Söhnen zugerufen «tötet ihn».

Die Gerichtsverhandlung findet unter den notwendigen Vorkehrungen zur Eindämmung des Coronavirus statt. Das Urteil wird voraussichtlich am 1. Mai eröffnet.


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