Im Kanton Bern sollen die Läden am Samstag künftig erst um 18 Uhr statt um 17 Uhr schliessen. Zudem sollen neu vier statt bloss zwei Sonntagsverkäufe möglich sein. Die Gewerkschaft Unia droht bereits mit dem Referendum.
Dieser Meinung ist der bernische Grosse Rat. Mit 83 zu 53 Stimmen bei 7 Enthaltungen überwies er am Donnerstag eine Motion von Adrian Haas (FDP). Die Regierung hatte den Vorstoss zur Annahme empfohlen.
Längere Ladenöffnungszeiten entsprächen einem Kundenbedürfnis, machte Haas geltend. Angesichts der Konkurrenz durch den Online-Handel seien sie eine Möglichkeit, den Läden in der Innenstadt und auf dem Land mehr Zulauf zu bescheren.
Widerstand kam von Mitte-Links. Der Kampf für längere Ladenöffnungszeiten sei vor allem ein Verdrängungskampf der Grossen gegen die kleineren, einheimischen Betriebe, sagte etwa Ruedi Löffel namens der EVP-Fraktion. Zwei Sonntagsverkäufe reichten aus, ergänzte Ernst Tanner für die Mehrheit der EDU.
Die angestrebte Liberalisierung erfolge auf dem Buckel der Angestellten, kritisierte Andrea Zryd (SP). Ihre Partei liesse vielleicht sogar mit sich reden, wenn es einen allgemeinverbindlichen Gesamtarbeitsvertrag in der Detailhandelsbranche gäbe. Dem sei aber nicht so.
Längere Öffnungszeiten trieben die Kosten der Läden in die Höhe, fügte Thomas Gerber (Grüne) an. Der Online-Handel habe dagegen immer dieselben Fixkosten.
Die kleinen «Lädeler» seien mitnichten gegen die Neuerung, entgegnete Motionär Haas. Das zeige die Stellungnahme der Dachorganisation BernCity. Die Läden seien sich bewusst, dass sie flexibler werden müssten. Mehr arbeiten müsse deshalb niemand.
In die Stadt statt ins Netz
Haas' Parteikollege Hans-Rudolf Saxer ergänzte, für längere Ladenöffnungszeiten sprächen auch «grüne» Argumente. Es sei ökologisch von Vorteil, vor Ort einzukaufen statt im Netz.
Die Verlängerung um eine Stunde sei «moderat», befand Michael Köpfli für die Grünliberalen. Er persönlich könnte mit Sonntagsverkäufen nichts anfangen, doch entsprächen sie offensichtlich einem grossen Bedürfnis. Gebe man den Laden nicht mehr Flexibilität, verschwänden viele Arbeitsplätze ganz oder würden in den Online-Handel verlagert.
Der hiesige Detailhandel stehe stark unter Druck, sagte Jan Gnägi für die BDP und sprach sich für die Motion genau so aus wie Ueli Gfeller namens der SVP. So nähere sich der Kanton Bern wenigstens dem schweizerischen Mittelfeld.
Föderale Vielfalt
In der Tat gibt es etliche Kantone, die gar keine Beschränkung für die Ladenöffnung am Samstag kennen: Aargau und Zürich, aber auch beide Appenzell, Basel-Land, Glarus, Schwyz, Ob- und Nidwalden. Das geht aus einer Zusammenstellung der Berner Regierung hervor.
Im Thurgau dürfen die Läden bis 22 Uhr geöffnet sein, in Basel-Stadt, Genf, Graubünden, Neuenburg, Schaffhausen, Solothurn und Waadt bis 18.00 Uhr. Die heutige Berner Regelung bis 17 Uhr gilt auch in den Kantonen Jura, St. Gallen, Tessin, Uri, Wallis und Zug. Schon um 16 Uhr müssen die Luzerner und Freiburger Läden schliessen.
Ähnlich bunt ist das Bild bei den bewilligungsfreien Verkaufssonntagen.
Referendum am Horizont
Die Gewerkschaft Unia teilte am Donnerstag mit, sie sei bereit für ein Referendum. «Die Detailhandelsangestellten werden das nicht einfach hinnehmen», vermutet Tabea Rai, Gewerkschaftssekretärin Detailhandel der Unia Bern.
Die politische Grosswetterlage für ein Referendum hält sie für günstig: Die Bevölkerung sei sensibilisiert für die Anliegen der Detailhandelsangestellten. Dies sei im Kanton Freiburg deutlich geworden, wo eine Vorlage zur Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten kürzlich an der Urne abgeschmettert wurde.
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