Bern
Ein Tram zwischen Bern und Ostermundigen soll die zu Stosszeiten überlastete Buslinie 10 ersetzen. Die Befürworter sprechen von einer nötigen Investition in die Zukunft, die Gegner von einem unsinnigen Luxusprojekt. Am 26. November stellen die Stadtberner Stimmberechtigten die Weichen.
In Ostermundigen haben die Stimmberechtigten dem Tramprojekt bereits freie Fahrt erteilt. Nun sollen es ihnen die Stadtbernerinnen und Stadtberner gleich tun, hoffen die Befürworter.
"Ostermundigen will, Bern sowieso" lautet ihr Motto im Abstimmungskampf. Nur ein Tram könne die notwendigen Kapazitäten schaffen, sind die Befürworter überzeugt. Mit einem Tram alle sechs Minuten lasse sich das Verkehrsaufkommen auf der Strecke bewältigen.
Die Befürworter verweisen auf Wohnbau- und Wirtschaftsentwicklungsprojekte in den beiden Gemeinden. "Neue Arbeitsplätze und Wohngebiete sind nur mit einer guten Verkehrserschliessung möglich", sagte etwa Adrian Haas, FDP-Grossrat und Direktor des Handels- und Industrievereins, am Dienstag vor den Medien.
Sein SP-Grossratskollege und Co-Präsident der SP Stadt Bern, Stefan Jordi, verwies auf das vor einigen Jahren realisierte Tram Bern West. Trotz zusätzlicher Wohnungen sei der Anteil am motorisierten Individualverkehr im Einzugsgebiet des Trams gesunken.
In den Reihen der Befürworter findet sich beispielsweise auch der WWF. Dass für das Tram zahlreiche Bäume gefällt werden sollen, sei schmerzhaft, räumte Co-Präsident Martin Trachsel ein. Doch die betroffenen Alleen würden neu aufgeforstet. Ein Nein an der Urne hätte mehr Bus- und Autoverkehr zur Folge und damit mehr Lärm und Treibhausgase.
Die Befürworter haben sich in einer breiten Allianz mit links-grünen, bürgerlichen und Mitteparteien, Wirtschafts-, Verkehrs- und Umweltverbänden zusammengeschlossen.
Über Alternativen reden
Kurz nach den Befürwortern traten am Dienstag auch die Gegner des Tramprojekts vor die Medien. Sie seien keine Tramgegner, betonten die Mitglieder des Bürgerkomitees Freie Arbeitsgruppe Städtebau. Das Bürgerkomitee stört sich indessen an der geplanten Linienführung entlang der bisherigen Busstrecke.
Damit werde die Berner Innenstadt mit einem weiteren Tram verstopft, argumentieren sie. Nach Ansicht des Bürgerkomitees soll die Buslinie 10 bestehen bleiben und, falls überhaupt nötig, durch eine neue Tramlinie entlastet werden. Eine solche könnte beispielsweise via Schermenweg/Nordring oder Guisanplatz/Zent-Areal geführt werden.
Doch gute Alternativen seien vorzeitig aus der Diskussion ausgeklammert worden, kritisierte Jürg Schweizer von der Freien Arbeitsgruppe Städtebau und öffentlicher Verkehr Bern.
Die Gegner verweisen zudem auf den geplanten Ausbau der S-Bahn. Dieser werde den 10-er Bus bereits entlasten. Mit einem Nein an der Urne erhielten die Behörden Zeit und Chance, alte Konzepte zu überdenken, neuste Erkenntnisse mit einzubeziehen und Alternativen zu prüfen.
Alleen erhalten
Für das Tram Bern-Ostermundigen müssten zahlreiche Bäume gefällt werden, namentlich die Alleen an der Ostermundigen- und Viktoriastrasse. Die Gegner des Tramprojekts fordern deren Erhaltung.
Mit an Bord geholt haben sie deshalb die Fondation Franz Weber. Der Ausbau des öffentlichen Verkehr sei natürlich zu begrüssen, betonte Vera Weber, Präsidentin der Stiftung. Dass aber gegen 220 historische Bäume "auf dem Altar des Praktischen und Bequemlichen" geopfert würden, stehe in keinem Verhältnis zum Nutzen des Projekts.
Alter Bekannter
Den überlasteten 10-er Bus durch eine Tramlinie zu ersetzen, ist keine neue Idee. Ein sogenanntes "Tram Region Bern" sollte vor wenigen Jahren Köniz, Bern und Ostermundigen verbinden.
An der Urne wurde das Projekt im Herbst 2014 jedoch von Köniz und Ostermundigen gebodigt, die Stadt Bern hätte damals klar ja gesagt.
Nach dem Volksnein wurde in Ostermundigen aber rasch eine Initiative für ein neues Projekt lanciert. Realisiert werden soll nun der östliche Ast des seinerzeitigen Trams Region Bern, also jener, der Bern mit Ostermundigen verbindet.
Referendum auf Kantonsebene
Die Gesamtkosten des neuen Projekts werden auf rund 244 Millionen Franken geschätzt. Bund und Kanton übernehmen rund drei Viertel davon.
Doch auch wenn die Stadt Bern Ende November Ja sagt zum Ausführungskredit, ist dies womöglich nicht die letzte Abstimmung. Gegen den Kantonsbeitrag wurde das Referendum ergriffen. In den nächsten Tagen wird sich zeigen, ob es zustande gekommen ist.
Auf kantonaler Ebene engagieren sich die Mitglieder der SVP und der Grün alternativen Partei gegen das Tramprojekt.
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