Grosser Rat BEIm Regionalgefängnis Burgdorf werden keine Container installiert
dagr, sda
11.9.2024 - 15:23
Das Regionalgefängnis Burgdorf wird nicht mit Containern erweitert. Eine Allianz von SP, Grünen, GLP und EVP hat im bernischen Grossen Rat am Mittwoch knapp einen entsprechenden Kredit abgelehnt – und der Regierung damit eine Niederlage zugefügt.
11.09.2024, 15:23
SDA
Das Kantonsparlament lehnte den Kredit über 5,57 Millionen Franken mit 77 Ja- zu 78-Nein-Stimmen knapp ab – mit Stichentscheid von Grossratspräsidentin Dominique Bühler (Grüne).
Das neue kantonale Informatiksystem für das Finanz- und Rechnungswesen verzögerte das Busseninkasso bei der Justiz, der Steuerverwaltung und den Betreibungsämtern. Das führte zu einem Stau beim Umwandeln von nicht bezahlten Bussen in Ersatzfreiheitsstrafen. Der Kanton benötigt deshalb zusätzliche Haftplätze und wollte vorübergehend Container in Burgdorf installieren.
«Nicht verhältnismässig»
Für die Ratslinke, die GLP und die EVP kam eine Container-Lösung nicht in Frage. Der Kredit würde zu einem Zeitpunkt gesprochen, an welchem in den Bereichen Bildung, Soziales und Gesundheit gespart werde, sagte Karin Berger-Sturm namens der SP/Juso-Fraktion. «Es ist nicht verhältnismässig, für eine temporäre Lösung so viel Geld auszugeben», befand Elisabeth Dubler von der Fraktion der Grünen.
Das fand auch Hanspeter Steiner von der EVP. «Ein Provisorium für fünfeinhalb Millionen ist unverhältnismässig.» Marianne Schild (GLP) bezeichnete den Kapazitätsengpass der Gefängnisse aufgrund eines IT-Projekts und die bereits verjährten Ersatzfreiheitsstrafen als «eine Art Staatsversagen».
«Müssen Rechtsstaat durchsetzen»
SVP, FDP, Mitte und EDU liessen die Argumente der Gegner nicht gelten. «Es wäre ein Armutszeugnis für den Kanton, wenn die Bussen weder bezahlt noch abgesessen werden könnten», sagte Beat Bösiger namens der SVP-Fraktion. «Lehnen wir den Kredit ab, gehen wir zurück auf Feld 1.»
Die Gefängnisse seien jetzt schon voll, «ohne Container leidet die öffentliche Sicherheit, wir benötigen sie deshalb», sagte Andreas Hegg (FDP). «Die Mitarbeitenden laufen am Limit.» Für André Roggli (Mitte) war klar: «Auch wenn es weh tut, müssen wir das Geld in die Hand nehmen, um den Rechtsstaat durchzusetzen.»
Es gebe keine Alternative zu den Containern, appellierte der Sicherheitsdirektor Philippe Müller (FDP) an das Kantonsparlament. Stimme es gegen den Container-Kredit, heisse das nicht, dass weniger Personen zu Ersatzfreiheitsstrafen aufgeboten würden. «Dann wird es zu massiven Überbelegungen in den Gefängnissen kommen. Wir werden die Leute nicht laufenlassen. Sie werden eingesperrt.» Das gehe auch zulasten des Personals. «Wir reden hier über Haftbedingungen, über Arbeitsbedingungen des Personals.»
Müller drang damit nicht durch. Das Nein-Lager gewann schliesslich auch deshalb so knapp wie nur möglich, weil in der SVP-Fraktion drei Ratsmitglieder ausscherten.
Rückstau von 10'000 Dossiers
Im Mai 2024 belief sich der Rückstau gemäss Kanton auf rund 10'000 Dossiers, welche verspätet zu den Bewährungs- und Vollzugsdiensten gelangen. Der Kanton rechnete – gestützt auf Erfahrungswerte – damit, dass in rund einem Viertel dieser Fälle eine sogenannte Ersatzfreiheitsstrafe zu vollziehen sein wird.
Werden Bussen auch nach Mahnungen und rechtlichem Inkassoprozess nicht bezahlt, wird die Busse in eine Ersatzfreiheitsstrafe umgewandelt. Meist haben die Betroffenen nur kleine Delikte begangen.
Die mit dem Vollzug von Ersatzfreiheitsstrafen beauftragten Regionalgefängnisse Bern, Biel, Burgdorf und Thun waren im Mai 2024 bis zu 113 Prozent belegt. Die Container hätten rund 40 zusätzliche Haftplätze geboten.
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