Grosser Rat BE Kanton Bern erhöht Beitrag an Gosteli-Archiv der Frauenbewegung

sr, sda

7.9.2021 - 10:56

Ihr Erbe wird erhalten und das Angebot des Archivs wird ausgebaut: Marthe Gosteli im Jahr 1991 in Worblaufen. (Archivbild)
Ihr Erbe wird erhalten und das Angebot des Archivs wird ausgebaut: Marthe Gosteli im Jahr 1991 in Worblaufen. (Archivbild)
Keystone

Der Kanton Bern erhöht seine Beiträge an die Gosteli-Stiftung für die Geschichte der Frauenbewegung in der Schweiz. Sie steigen von bisher 100'000 Franken pro Jahr auf 450'000 Franken. Das hat der bernische Grosse Rat entschieden.

Keystone-SDA, sr, sda

Er nahm am Dienstag sehr klar, nämlich mit 141 zu 6 Stimmen bei 7 Enthaltungen, eine Finanzmotion an, deren Urheberinnen und Urheber die Erhöhung verlangten. Der Vorstoss war von Parlamentsmitgliedern verschiedener Parteien eingereicht worden.

Mit dem zusätzlichen Geld will die Trägerstiftung das Gosteli-Archiv mit Sitz in Worblaufen (Gemeinde Ittigen) weiterentwickeln. Im vergangenen respektive Anfang dieses Jahres beschlossen die eidgenössischen Räte, dass der Bund in den nächsten vier Jahren insgesamt 2,2 Millionen Franken für das Archiv bereitstellt.

Nach Angaben der Motionärinnen und Motionäre ist geplant, dass sich die Stiftung künftig zu 50 Prozent mit Geldern des Bundes, zu 40 Prozent mit Beiträgen des Kantons Bern und zu 10 Prozent mit privaten respektive eigenen Mitteln finanziert.

Kantonsregierung war dagegen

Gegen die Erhöhung des kantonalen Beitrags wandte sich am Dienstag im Rathaus der Berner Staatsschreiber Christoph Auer. Die Berner Regierung schätze das Engagement der Stiftung sehr, sagte er in deren Namen. Sie leiste «ausserordentlich wertvolle» Arbeit. Die Finanzmotion sei aber aus zwei Gründen abzulehnen.

Die Regierung machte einerseits die angespannte finanzielle Situation des Kantons Bern geltend. Anderseits fehle es für ein finanzielles Engagement dieser Art an der nötigen gesetzlichen Grundlage.

Das Denkmalpflegegesetz, auf welche sich bisherige Unterstützung abstützt, lasse keine Finanzierung von Forschungsleistungen zu, wie sie die Stiftung als Folge der Anerkennung als nationale Forschungszentrum neu plane.

Auer sagte auch, die Stiftung habe den Kanton Bern nicht informiert, als sie beschlossen habe, ihr Budget auf eine Million Franken pro Jahr aufzustocken und beim Bund ein entsprechendes Gesuch einreichte. Es müsse nicht sein, dass der Kanton Bern bei solchen Gesuchen stets die Hälfte des Bundesbeitrags zahle.

Schliesslich sie die Stiftung auch in Verhandlungen mit der Burgergemeinde Bern gestanden. Auch die Standortgemeinde Ittigen hätte vielleicht etwas beigetragen.

Der bernische Grosse Rat liess sich von all diesen Einwänden aber nicht beirren. Es brauche jetzt diesen Modernisierungsschub, sagte etwa Barbara Streit-Stettler (Bern) im Namen der EVP. Die Einrichtung drohe zu verstauben, habe ein Augenschein ihrer Fraktion gezeigt.

Die Finanzkommission des Grossen Rats (FiKo) hatte zuvor gesagt, der finanzielle Spielraum des Kantons Bern sei zwar eingeschränkt. Ohne Erhöhung des Kantonsbeitrags an die Gosteli-Stiftung sei aber nicht nur die Weiterentwicklung, sondern auch der Fortbestand der Stiftung gefährdet.

Letztere habe eine «herausragende Bedeutung» für die Geschichte der Frauenbewegung in der Schweiz. Auer versprach dem Rat angesichts der zustimmenden Voten, die noch fehlende gesetzliche Grundlage für die Erhöhung der Subventionen zu schaffen.

Pionierin der Gleichberechtigung

Die Feministin Marthe Gosteli gründete das Archiv 1982 in Worblaufen. Die Pionierin der Gleichberechtigung der Geschlechter starb im April 2017 im Alter von 100 Jahren. In den 1960er-Jahren spielte sie eine entscheidende Rolle in der Frauenbewegung in der Schweiz.

Das Gosteli-Archiv wurde bisher von Privaten finanziert und verzeichnet jedes Jahr ein Defizit. Wie Stiftungsratspräsidentin Kathrin Bertschy kürzlich auf Anfrage bekanntgab, zählte das Archiv im Jahr 2019, also vor Ausbruch der Coronapandemie, rund 150 Benutzerinnen und Benutzer. Dies an rund 230 Benutzungstagen.

Über rund 1000 Laufmeter erstrecken sich die in Worblaufen aufbewahrten Dokumente. Archivalien belegen 780 Laufmeter, Bücher aus der Bibliothek und weitere Dokumente die übrigen 220.