Asyl Müller zieht positive Bilanz zu Rückkehrzentrum Enggistein

sr, sda

24.6.2022 - 17:01

Der kantonale Sicherheitsdirektor Philippe Müller zieht eine positive Zwischenbilanz zum Rückkehrzentrum für Familien und alleinstehende Frauen, welches der Kanton Bern im Januar in Enggistein in Betrieb nahm. Müller sagte am Freitag bei einer Besichtigung für Medienschaffende, er sei überzeugt, das Zentrum sei eine «sehr gute Lösung».

Keystone-SDA, sr, sda

Das Zentrum oberhalb von Worb sei aufgrund seiner Lage und Infrastruktur ein idealer Ersatz für Biel-Bözingen und die Inbetriebnahme ein Erfolg. «Es ist das einzige Zentrum nur für Familien und Frauen in der Schweiz. Damit können wir den Bedürfnissen von Familien und alleinstehenden Frauen bestmöglich gerecht werden», so Müller.

Am Samstag, dem 25. Juni, findet im ehemaligen Waisenhaus etwas abseits des Dörfchens Enggistein ein Tag der offenen Tür statt. Die Sicherheitsdirektion will damit Interessierten einen Einblick in den Betrieb des Zentrums geben, in dem Personen mit abgewiesenem Asylgesuch leben.

Aufenthaltsraum allein für Frauen

Das Zentrum Enggistein wurde im Januar dieses Jahres in Betrieb genommen. Kurz danach veröffentlichte die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter einen Bericht zu den Lebensbedingungen in diesen Zentren. Diese Kommission hatte zwischen Mai und August 2021 auf Einladung des Kantons Bern drei bernische Rückkehrzentren besucht.

Sie hielt fest, die Verhältnisse in den Zentren widersprächen aus ihrer Sicht der Uno-Kinderrechtskonvention. Die Platzverhältnisse seien eng. Verletzt werde beispielsweise das Recht von Kindern auf angemessene Lebensbedingungen.

Die kantonale Sicherheitsdirektion reagierte damals auf diese Kritik mit der Aussage, sie werde – wo sinnvoll, möglich und überhaupt zulässig – Optimierungen in den Rückkehrzentren umzusetzen. Den Entscheid, das Zentrum Enggistein einzurichten, habe sie schon vor der Veröffentlichung des Berichts getroffen.

Speziell am Enggisteiner Zentrum ist, dass es einen Aufenthaltsraum allein für Frauen gibt. Er befindet sich im zweiten Obergeschoss, wo die alleinstehenden Frauen allein oder zu zweit in Zimmern leben. Im ersten Obergeschoss und im Erdgeschoss leben die Familien – also auch Männer.

Im Haus gibt es auch ein Spiel- und ein Lernzimmer für Kinder, wie die Besichtigung zeigte. Neun ORS-Angestellte, darunter drei Frauen, kümmern sich mit unterschiedlichen Pensen um die derzeit rund 30 Bewohnerinnen und Bewohner. Die Kinder werden per Bus nach Worb zur Schule gebracht.

Der Leiter des Zentrums, Alain Willi, sagte im Gespräch mit Medienschaffenden, laut den Bewohnerinnen und Bewohnern sei es in Biel leichter gewesen einzukaufen. In Biel hätten sie in einer Stadt gelebt, während Enggistein sehr ländlich sei. Eingekauft werde in Worb, das alle halbe Stunden per Bus zu erreichen ist.

Laut Willi sagen die Bewohner weiter, in Enggistein könnten sie besser schlafen. Die Betreuung der Kinder stelle in Enggistein für das ORS-Team die grösste Herausforderung dar. Beispielsweise sei schwierig einzuschätzen, wann ein grösseres medizinisches Problem vorliege. Auch seien die Leute psychisch belastet.

Ein Reporter von Keystone-SDA konnte vor Ort kurz mit einer Irakerin reden. Sprachliche Schwierigkeiten verhinderten aber, dass aussagekräftige Informationen flossen.

Bözingen geht im Juli zu – Bellelay kommt

Der Kanton Bern setzt auf eine systematische Trennung zwischen Personen, die in der Schweiz bleiben können, und jenen, deren Asylgesuch abgelehnt wurde. Wer bleiben darf, soll besser integriert werden. Wer gehen muss, soll zügig ausgeschafft werden.

In Rückkehrzentren gewährt der Kanton Bern Personen mit negativem Asylentscheid Nothilfe. Sie erhalten derzeit noch acht Franken pro Tag, müssen in den Zentren anwesend sein und sich beispielsweise an der Reinigung des Hauses beteiligen. Demnächst will der Kanton die Nothilfe auf zehn Franken pro Person und Tag erhöhen.

Im Kanton Bern gibt es derzeit fünf Rückkehrzentren: in Aarwangen, Biel-Bözingen, Gampelen, Enggistein und – temporär – in Konolfingen. Die ORS Service AG führt sie.

Wie die kantonale Sicherheitsdirektion am Freitag bekanntgab, wird nun auch in Bellelay im Berner Jura ein neues Rückkehrzentrum speziell für Familien und alleinstehende Frauen eingerichtet. Es geht um Familien mit Kindern, die auf Französisch eingeschult wurden. Auch sie leben heute in Biel-Bözingen. Das Zentrum in Bözingen wird nach Querelen zwischen der Stadt Biel und dem Kanton Bern Ende Juli geschlossen.