Grosser Rat - BE Sparhammer des Kantons Bern trifft Spitex, Alte und Behinderte

SDA

29.11.2017 - 16:33

Alte Menschen, die öffentliche Spitex und die Behindertenheime müssen einen bedeutenden Beitrag ans Entlastungspaket des Kantons Bern leisten. Das hat der Grosse Rat am Mittwoch beschlossen.

Mit der bürgerlichen Mehrheit und Stimmen aus der Mitte folgte er bislang weitgehend dem harten Sparkurs der Regierung. Allerdings kommt der Grosse Rat mit seinen Beratungen nur schleppend voran. Erst am Montag dürften die 155 vorgeschlagenen Massnahmen fertig beraten sein.

Der Regierungsrat will den Haushalt so um jährlich 185 Millionen Franken entlasten. Ein beträchtliches Sparpotenzial sieht er im Spitex-Bereich, und der Grosse Rat folgte ihm dabei weitgehend.

Unsozial oder vertretbar

So entschied er, dass sich künftig alle Spitex-Patienten ab 65 Jahren an den Kosten beteiligen müssen - und zwar mit knapp 16 Franken pro Tag. Bislang galt eine einkommensabhängige Regelung. Die Neuerung stelle die Qualität der Spitex nicht in Frage, befanden die Befürworter.

Die Kürzung sei aber unsozial, entgegneten SP, Grüne, BDP und einige Abweichler bei EVP, GLP und FDP. Wer sich den Betrag nicht leisten könne, werde im Heim landen - was wieder zu Mehrkosten für die Allgemeinheit führe.

Die Ratsmehrheit mit SVP, FDP, EVP, GLP und EDU liess sich nicht beirren. Sie billigte die Kürzung, die den Kanton um 13 Millionen Franken entlastet.

Den öffentlichen Spitex-Organisationen kam der Rat ein wenig entgegen: Er gewährte ihnen eine Schonfrist von einem Jahr, ehe er die Kantonsbeiträge zur Abgeltung der Versorgungspflicht um 6 Millionen kürzt. Der Regierungsrat wollte 8 Millionen schon ab dem kommenden Jahr.

Wenig Abweichungen

Es war erst die dritte Abweichung vom Sparkurs der Regierung. Bereits am Dienstag hatte der Rat eine Kostenüberwälzung an die Gemeinden beim Versand von Wahlwerbung verhindert. Am Mittwoch halbierte er die Kürzung bei der nicht-stationären Psychiatrieversorgung.

Den Sparhammer in voller Härte spüren dagegen die Behinderteninstitutionen. Sie müssen ab dem kommenden Jahr auf insgesamt 6,4 Millionen Franken verzichten.

SP, Grüne und EVP kämpften vehement gegen die lineare Kürzung von 1,7 Prozent. Eine Gesellschaft messe sich an ihrem Umgang mit den Schwächsten. Es sei inakzeptabel, Behinderte die Zeche für Steuergeschenke an grosse Unternehmen zahlen zu lassen.

Die Kürzung sei vertretbar, sie betreffe Institutionen und nicht direkt die Behinderten, entgegneten SVP, FDP, EDU und die grosse Mehrheit der BDP. Die Grünliberalen waren gespalten.

Halbleerer Saal

Während der Debatte um die Behindertenheime war der Saal halbleer, was für Unmut bei den Linken sorgte. Das Bild, das der Rat biete, sei beschämend. Das Parlament war kurzzeitig nahe an der Beschlussunfähigkeit, weil nur noch 86 Grossratsmitglieder anwesend waren. Nötig sind mindestens 81.

Ein SVP-Sprecher erklärte, einige Kollegen hätten sich wegen der vielen linken Voten eine Auszeit gegönnt. "Man fühlte sich zeitweise an einer Delegiertenversammlung der SP." Rechtzeitig zur Abstimmung über die Kürzung waren aber wieder fast alle Parlamentarier im Saal.

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