Am Obergerichtsprozess um mutmasslichen Immobilienbetrug zulasten einer Berner Pensionskasse hat der Staatsanwalt eine Strafverschärfung gefordert. Das Obergericht solle eine Freiheitsstrafe von einmal sechs Jahren und einmal sechs Jahren vier Monaten aussprechen.
Eine sechsjährige Freiheitsstrafe forderte Staatsanwalt Rolf Rüdisser in seinem Plädoyer vom Donnerstagnachmittag für den ehemaligen Geschäftsführer der Personalvorsorgestiftung (PVS) der Berner Carba-Gruppe. Dieser Mann habe sich des gewerbsmässigen Betrugs schuldig gemacht.
Sechs Jahre und vier Monate Freiheitsstrafe hält Rüdisser für den mit diesem Mann befreundeten Berner Bauunternehmer für angemessen. Er verdiene eine etwas höhere Strafe, weil er sich im Zusammenhang mit einem der umstrittenen Immobiliengeschäfte auch des mehrfachen versuchten Betrugs und der mehrfachen versuchten Urkundenfälschung schuldig gemacht habe.
Die beiden Männer hätten in Mittäterschaft gehandelt, sagte Rüdisser weiter. Er verlangte damit für die beiden Herren im gesetzten Alter dasselbe Strafmass, das er schon im März 2017 vor der ersten Instanz, dem bernischen Wirtschaftsstrafgericht, beantragt hatte.
Dieses Gericht verhängte damals Freiheitsstrafen von je vier Jahren für die beiden Männer. Es berücksichtigte damals gewisse Anklagepunkte Rüdissers nicht und sprach die Beschuldigten in diesen Punkten frei. Es geht um ein Sanierungs- und Umbauprojekt in Zürich und um eine Gebäudesanierung im Kanton Bern.
Mit diesen Freisprüchen und mit der Strafzumessung des erstinstanzlichen Gerichts ist die Staatsanwaltschaft nicht einverstanden. Auch sie erhob deshalb Berufung am Obergericht – so wie auch die Privatkläger.
Anklage sieht 12 Mio. Franken Schaden
Die Verteidiger der beiden Beschuldigten verlangten am Mittwoch vor Obergericht einen Freispruch – ebenfalls wie schon vor erster Instanz. Dazu sagte Rüdisser, ein US-amerikanischer Präsident habe einmal gesagt, wenn es nicht gelinge, jemanden zu überzeugen, müsse man ihn verwirren.
Das sei die Strategie der Verteidigung, die mit einer grossen Menge von Zahlen versuche aufzuzeigen, dass gar kein Schaden entstanden sei. In Tat und Wahrheit sei der Deliktsbetrag aber grösser als von der ersten Instanz angenommen. Er betrage zwölf Mio. Franken, nicht 5,6 Mio.
«Kern der Geschichte» seien die angeblichen Darlehen, welche der Berner Bauunternehmer dem mit ihm befreundeten Ex-PVS-Geschäftsführer gewährt habe. Dabei handle es sich, wie ursprünglich in der Buchhaltung der Baufirma aufgeführt, um Vermittlungsprovisionen respektive «Schmiergeld», so Rüdisser.
Ein Revisor habe ausdrücklich festgehalten, dass es sich bei den 3,1 Mio. Franken nicht um ein Darlehen handeln könne. Dass die beiden Beschuldigten plötzlich von Darlehen statt Provisionen gesprochen hätten, sei die Folge gewesen einer von den Steuerbehörden angekündigten Buchprüfung beim Bauunternehmer.
Im Nachhinein habe der Bauunternehmer dann diese Darlehen als Steueroptimierungsstrategie dargestellt.
«Selbstbedienungsladen»
Das Vorgehen der beiden Beschuldigten lasse darauf schliessen, dass sie die Carba-PVS als «Selbstbedienungsladen zur unrechtmässigen Bereicherung» betrachtet hätten, sagte Rüdisser weiter. Die 3,1 Mio. Franken Provisionen des Ex-PVS-Geschäftsführers seien in eine Wohnung, zwei Boote, ein Fahrzeug und in Antiquitäten geflossen.
Die beiden Beschuldigten bestritten am Mittwoch diese Darstellung. Das kantonale Wirtschaftsstrafgericht urteilte im Frühling 2017, die beiden Angeklagten hätten sich mit untereinander abgesprochenen Immobiliengeschäften bereichert. Der Bauunternehmer haben jeweils dem Ex-PVS-Geschäftsführer vorgeschlagen, ein Mehrfamilienhaus zu kaufen.
Die PVS kaufte dann die vom Bauunternehmer vorgeschlagenen Immobilien nach Ansicht des Gerichts zu einem überhöhten, zuvor zwischen den Freunden abgesprochenen Preis. Das Obergericht wird sein Urteil frühestens am 7. November eröffnen.
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