Bern Zulassungsbeschränkungen für Ärzte im Kanton Bern im Gegenwind

hn, sda

4.1.2024 - 10:42

Im Kanton Bern gibt es Widerstand gegen die neuen Zulassungsbeschränkungen für Ärztinnen und Ärzte. (Symbolbild)
Im Kanton Bern gibt es Widerstand gegen die neuen Zulassungsbeschränkungen für Ärztinnen und Ärzte. (Symbolbild)
Keystone

Verschiedene Organisationen und Verbände des Gesundheitswesens wehren sich im Kanton Bern gegen die neuen Zulassungsbeschränkungen für Ärztinnen und Ärzte. Diese finden sich in einer neuen Verordnung, die der Regierungsrat auf Anfang Jahr in Kraft gesetzt hat.

Keystone-SDA, hn, sda

Die Verordnung legt Höchstzahlen pro medizinisches Fachgebiet und Region für Ärztinnen und Ärzte fest, die ihre Tätigkeit zulasten der obligatorischen Krankenversicherung abrechnen.

Die Ärztegesellschaft des Kantons Bern, der Spitalverband der öffentlichen Spitäler «diespitäler.be», der Verband Privatspitäler Bern (VPSB) sowie die Berner Belegärzte-Vereinigung haben die Verordnung nun angefochten, wie sie am Donnerstag mitteilten.

Schwerer Eingriff

Die Ärztegesellschaft ist der Ansicht, dass «ein derart schwerer Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit der Ärzteschaft» nicht auf dem Verordnungsweg erfolgen könne, wie die Organisation in einer Mitteilung schreibt. Es brauche eine gesetzliche Grundlage.

Die Belegärztevereinigung forderte ihrerseits von der Politik eine gemeinsame Erarbeitung einer für die Ärzteschaft «attraktiven Zulassungssteuerung». Es müsse verhindert werden, dass junge, kompetente Menschen durch die Überregulierung entmutige würden Medizin zu studieren und anschliessend zu praktizieren.

Die beiden Spitalverbände zeigten sich besorgt um ihre künftige Leistungsfähigkeit, sollten sie nicht mehr genügendes ärztliches Personal rekrutieren können. Die bereits heute angespannte Versorgungssituation werde zusätzlich verschärft.

Zweifel an Datengrundlage

Die Organisationen und Verbände ziehen auch die Datengrundlage in Zweifel, die der Kanton benutzt hat, um die Höchstzahlen zu definieren. Das führe zu einer willkürlichen Beurteilung des Versorgungsbedarfs, betonten sie. Und dies sogar in Fachgebieten, in denen aktuell bereits eine Unterversorgung bestehe.

Als Beispiel nannte die Ärztegesellschaft etwa den bereits bestehenden Mangel an Hausärztinnen und Hausärzten (Fachgebiet Allgemeine Innere Medizin) in der Region Bern Mittelland.

Weiter betroffen sind auch die Chirurgie (Emmental-Oberaargau und Biel-Seeland), die Gastroenterologie (Bern-Mittelland), die Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates (Bern Mittelland, Emmental-Oberaargau, Oberland und Biel-Seeland) und die Pneumologie (Bern-Mittelland).

Die Organisationen haben Beschwerde gegen einzelne Anordnungen der Kantonsregierung beim Verwaltungsgericht und gegen die Verordnung an sich beim Bundesgericht eingereicht. Wegen der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde erhoffen sich die Einsprecher, Zeit zu gewinnen.

Kostensteigerungen vermeiden

Die Berner Kantonsregierung setzt mit der Verordnung nach eigenen Angaben bundesrechtliche Vorgaben um. Damit soll in Zukunft vermieden werden, dass es in einzelnen Fachbereichen oder Regionen zu einer kostensteigernden Überversorgung mit medizinischen Leistungen kommt.

Die bernische Gesundheitsdirektion schrieb in einer Mitteilung von Ende November, sie habe die Höchstwerte «umsichtig festgelegt», um die Versorgungssicherheit nicht zu gefährden.

Mit der Zulassungsbeschränkung erhofft sich der Kanton auch, dass sich neue Ärztinnen und Ärzte nicht nur in und nahe der Zentren niederlassen, sondern in Verwaltungskreisen, wo Mangel herrscht.

Das Vorhaben des Kantons stiess von Anfang an in der Ärzteschaft auf wenig Gegenliebe. Nach einem ersten Entwurf besserte die Gesundheitsdirektion nach.

Nun sind Regionen mit weniger als 10 Vollzeitäquivalenten pro Fachgebiet vorerst von der Festlegung von Höchstzahlen ausgenommen, auch wenn der Versorgungsgrad mehr als 100 Prozent beträgt.

Weiter erfolgt ein Zulassungsstopp erst bei einem Versorgungsgrad von 115 Prozent, um einen gewissen Wettbewerb zu ermöglichen, in den nächsten Jahren anstehende Pensionierungen abzufedern und erste Erfahrungen in der Umsetzung des vorliegenden Zulassungsstopps zu sammeln.