Spitalbehandlungen "Ambulant vor stationär": Kassen teilen Luzerns Euphorie noch nicht

SDA

28.3.2018 - 14:46

Durch die Vorgabe des Kantons Luzern, mehr Spitalbehandlungen ambulant statt stationär durchzuführen, sind die Krankenkassen nach Aussagen von Gesundheitsdirektor Guido Graf nicht stärker belastet worden. Der Krankenkassenverband Santésuisse stimmt dieser Aussage aber noch nicht zu.

Seit dem 1. Juli 2017 beteiligt sich der Kanton Luzern bei zwölf Gruppen von Eingriffen nur noch dann an den Kosten für eine stationäre Behandlung, wenn diese medizinisch begründet ist. "Ambulant vor stationär" sei ein Erfolg, teilte das Luzerner Gesundheits- und Sozialdepartement am Mittwoch mit.

Die Zahl stationärer Behandlungen und Untersuchungen in den zwölf Eingriffsgruppen ging 2017 im Kanton Luzern um 26 Prozent zurück und begann vor allem im zweiten Quartal stark abzufallen. Möglichst rasch nach Hause zu kommen sei ein Patientenbedürfnis, heisst es in der Mitteilung. Ein kurzer ambulanter Spitalaufenthalt mache volkswirtschaftlich Sinn, denn er sei günstiger als ein stationärer.

Gesundheitsdirektor Graf sagte, Luzern habe bei den stationären Eingriffen in sechs Monaten 1,5 Millionen Franken gespart. Der Hauptgrund sei, dass es weniger stationäre Eingriffe gegeben habe. Ein positiver Nebeneffekt sei gewesen, dass auch weniger Patienten am Vortag einer Operation ins Spital eingetreten seien. Die Qualität und Sicherheit bei den Behandlungen sei dabei gleich geblieben.

Unterschiedliche Finanzierungen

Der Kanton muss an die stationären Behandlungen 55 Prozent zahlen, während die ambulanten ganz zu Lasten der Krankenkassen gehen. Weil ambulante Eingriffe im Schnitt 2,3 Mal günstiger seien als stationäre, sei die Grundversicherung trotz Mehrkosten bei einzelnen Eingriffen insgesamt nicht stärker belastet worden, teilte das Gesundheitsdepartement mit.

Der Krankenkassenverband Santésuisse reagierte verhalten auf diese Aussage. Ob die Verlagerung für den Prämienzahler kostenneutral ausfalle, könne er noch nicht bestätigen, teilte der Verband mit, denn die Kostendaten für 2017 lägen noch nicht vollständig vor.

Santésuisse geht davon aus, dass in erster Linie die Steuerzahler profitiert hätten. Der Entscheid für eine stationäre oder ambulante Behandlung solle aber nicht von tarifarischen Anreizen geleitet werden. Der Verband fordert, dass ambulante und stationäre Behandlungen gleich finanziert werden und die Kantone sich künftig an den ambulanten Kosten beteiligen.

Vorreiter Luzern

Luzern war der erste Kanton gewesen, der mit einer Liste die Zahl stationärer Eingriffe senken wollte. Bei den zwölf Eingriffen handelt es sich um folgende Gruppen: Krampfaderoperation, Hämorrhoiden, Leistenbruchoperation, Eingriffe am Gebärmutterhals, Kniespiegelung, Eingriffe am Kniemeniskus, Nierensteinzertrümmerung, Herzkatheteruntersuchung, Karpal-Tunnel-Operation, Operation des grauen Stars, Herzschrittmacher und Eingriffe an Blutgefässen.

Ab 2019 wird auf nationaler Ebene eine Liste mit sechs Eingriffen eingeführt, die grundsätzlich ambulant statt stationär zu machen sind.

Noch nicht alle Fragen geklärt

Aldo Kramis, Präsident der Ärztegesellschaft des Kantons Luzern, sagte, er stehe hinter dem Projekt "ambulant vor stationär". Es sei gut, dass etwas ausprobiert werde. Es müsse aber auch im ambulanten Bereich alles stimmen, etwa bezüglich der psycho-sozialen Verhältnisse der Patienten.

Santésuisse weist darauf hin, dass die Verlagerung von stationären zu ambulanten Behandlungen sich auf die Spitalinfrastruktur auswirken könne. Allenfalls müssten stationäre Kapazitäten reduziert werden, teilte der Verband mit. Die Spitalplanung des Kantons Luzern lasse diese Frage noch unbeantwortet.

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