Der Angeklagte in einem Stalking-Prozess vor dem Nidwaldner Kantonsgericht hat am Mittwoch einige der zahlreichen Vorwürfe eingeräumt und sich reuig gezeigt. Er sei sehr gekränkt gewesen nach dem Ende der Beziehung. Die Anklage fordert neu eine stationäre Massnahme.
Der beschuldigte 59-Jährige, der nach dem Beziehungs-Aus seine Ex-Partnerin verfolgt und bedroht haben soll, wird im Sinne des vorzeitigen Vollzugs bereits ambulant therapiert. Aufgrund der Therapieberichte sei neben der zweijährigen Freiheitsstrafe neu eine stationäre Therapie anzuordnen, forderte die Staatsanwältin zum Prozessauftakt in Stans.
Obwohl sich der behandelte Tatzeitraum auf rund sechs Monate im Jahr 2017 beschränkt, ist die Verhandlung umfangreich und dürfte mehr als einen Tag dauern. «Eine riesige Anzahl von Einzelhandlungen ist angeklagt», sagte die Richterin und deutete auf neun graue Bundesordner hinter sich.
Bei der Befragung sagte der Beschuldigte, der Vorwurf des Stalkings sei teilweise berechtigt, und teilweise nicht. «Ich war sehr gekränkt nach der Auflösung der Beziehung. Ich wollte nur meine Präsenz zeigen, es steckte weder psychische noch physische Gewalt dahinter.» Er habe wegen der Beziehung sehr viel verloren: Haus, Familie, Job.
Hartnäckig am Anfang und am Ende
Schon zu Beginn habe er hartnäckig für die Beziehung kämpfen müssen und habe sich auch nach dem Aus entsprechend verhalten. Es sei ein Fehler gewesen, einen GPS-Peilsender am Auto der Ex-Partnerin zu montieren, ebenso, in ihrem Namen Bestellungen zu machen.
Die Mail- und Briefflut sowie den Inhalt einzelner Schreiben relativierte er. Den geschriebenen Satz «Die Flucht gelingt Dir nicht» müsse man im Zusammenhang sehen. Die Mutter der Ex-Partnerin habe ihm einmal gesagt, ihre Tochter würde immer flüchten. Auch das Foto von zwei Gräbern, das er ihr schickte, habe man bereits während der Beziehung ausgetauscht als Symbol der ewige Liebe.
Zu Vorfällen im Strassenverkehr, bei denen er das Opfer mit Töff und Auto bedrängt haben soll, äusserte er sich wage bis bestreitend. Insgesamt sei es ein gegenseitiges Stalking gewesen, hielt er fest.
Einfallsreicher Typ
Das sah die Ex-Partnerin bei der Befragung, die vor Gericht separat stattfand, anders. «Er hat mich 24 Stunden am Tag gejagt», sagte sie unter Tränen. Sie habe noch nie einen solch einfallsreichen Typen gesehen. «Ich hatte keine Sekunde mehr Ruhe und Frieden.»
Nach dem Grund für die Trennung gefragt, sagte sie, es sei eine Flucht gewesen. Es sei in der Beziehung zu Übergriffen gekommen, diese habe sie zuerst entschuldigt, weil es ihm so schlecht gegangen sei. So habe er oft über Suizid gesprochen. In der Nacht der Trennung habe sie sich ins WC eingesperrt und Polizei die gerufen.
Mehrere fürsorgerische Einweisungen in eine Klinik wegen suizidaler Absichten seien nicht korrekt verlaufen, sagte dagegen der Angeklagte. Das sei «suspekt» gewesen.
«Fehlende Rechtsvertretung»
In Widersprüche verstrickte er sich laut der Richterin beim Anklagepunkt des Betrugs. So überwies er der Ex-Partnerin – laut deren Angaben ungebeten – 25'000 Franken. Einmal sagte er vor Gericht, dies sei Geld für seine Kinder gewesen, ein andermal, es sei für ein gemeinsames Projekt mit der Ex-Partnerin in Brasilien bestimmt gewesen.
Die Plädoyers von Verteidigung und Staatsanwaltschaft stehen noch aus. Die Verteidigung hatte in vier Vorfragen bereits gefordert, dass sieben Einvernahmen des Angeklagten wegen fehlender Rechtsvertretung nicht verwertbar seien.
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