Prozess Ausfälliger Autofahrer vor Kantonsgericht Obwalden

SDA

20.8.2019 - 17:37

Am Obwaldner Kantonsgericht musste sich ein Zürcher Autofahrer wegen Beschimpfungen und Strassenverkehrsvergehen verantworten.
Am Obwaldner Kantonsgericht musste sich ein Zürcher Autofahrer wegen Beschimpfungen und Strassenverkehrsvergehen verantworten.
Source: David Kunz, Keystone-SDA

Mit «Tubel» und Ärgerem soll ein 56-Jähriger aus dem Kanton Zürich in Sarnen Insassen eines Lieferwagens beschimpft haben. Am Dienstag musste er deswegen vor dem Kantonsgericht Obwalden antraben, und auch weil er eine grobe Verkehrsregelverletzung begangen haben soll.

Der Zahnarzttermin in Sarnen an jenem Mittwochmorgen im August 2017 wird dem Beschuldigten in schmerzhafter Erinnerung bleiben. Auf der Anreise aus dem Kanton Zürich steckte er auf der Autobahn A8 nach dem Loppertunnel hinter einem Lieferwagen fest, der im einspurigen Bereich während mehrerer Kilometer partout nicht schneller als 80 Stundenkilometer fuhr, obwohl 100 erlaubt sind.

Wie sich später herausstellte, handelte es sich um ein Fahrzeug der Strassenunterhaltseinheit Zentras, das als Lastwagen umgerüstet gar nicht schneller fahren durfte. Als der Beschuldigte das Fahrzeug nach mehreren Kilometern in Sarnen endlich überholen konnte, machte er seinem Ärger mit Hupen und Handzeichen Luft, wie er es bei der Befragung durch die Einzelrichterin schilderte.

Nach der Ausfahrt Sarnen Nord kamen die beiden Fahrzeuge schliesslich wieder nebeneinander zu fahren, wobei es durch die offenen Fenster zu einem Wortgefecht kam. Laut der Staatsanwaltschaft soll der Beschuldigte deftige Kraftausdrücke verwendet haben, an den genauen Wortlaut konnte er sich nicht erinnern. Sein Verteidiger sagte, er habe die vier Insassen als «Tagediebe» bezeichnet.

Abschleppunternehmer beschimpft

Beschimpft hat der Inhaber eines Malergeschäfts einige Monate später in einem anderen Falle anlässlich einer Verhandlung bei der Staatsanwaltschaft in Zürich auch den Betreiber eines Abschleppunternehmens. Dieser habe ein Fahrzeug von ihm auf einem Grundstück von ihm abgeschleppt und ihn bei der Verhandlung provoziert, verteidigte er sich.

Doch zurück nach Sarnen: Der Fahrer des Zentras-Wagens will auch gesehen haben, wie der Beschuldigte hinter ihm einen Personenwagen rechts überholt haben soll, bevor er den Lieferwagen überholte und zu besagtem Hupkonzert ansetzte. Das taxierte die Staatsanwaltschaft als grobe Verkehrsverletzung und forderte zusammen mit den Beschimpfungen eine bedingte Geldstrafe.

Aufhorchen liess die Höhe der Geldstrafe, setzte die Anklage diese doch auf 90 Tagessätze à 1120 Franken, also auf über 100'000 Franken, an. Dazu kommt eine Busse von 10'000 Franken. Die Probezeit solle zwei Jahre betragen.

«Ein Racheakt»

Die Staatsanwaltschaft verzichtet auf eine Teilnahme am Prozess, der Verteidiger verlangte einen Freispruch vom Vorwurf der groben Verkehrsregelverletzung. Denn das Rechtsüberholen sei eine Behauptung. Sein Mandant habe gar kein Auto rechts überholen können, da er die ganze Zeit direkt hinter dem Lieferwagen gefahren sei. Dem widerspricht der Lieferwagenlenker.

Dessen Aussagen seien nicht glaubhaft, zumal er als einziger das angebliche Überholmanöver gesehen haben will und dies erst noch im linken Aussenspiegel. Auch sei der geschilderte Ablauf kaum vorstellbar, ja schlicht realitätsfremd. Es hätte sich nach kilometerlanger Kolonnenfahrt eine Lücke von 50 bis 100 Meter zwischen Lieferwagen und folgendem Fahrzeug bilden müssen.

Der Fahrer habe sich schlicht und einfach geirrt, sagte der Anwalt. Sein Mandant witterte dagegen einen Racheakt. «Die fühlten sich betupft», sagte er.

Für das Vergehen der mehrfachen Beschimpfung forderte sein Verteidiger eine bedingte Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu 300 Franken bei einer Probezeit von zwei Jahren. Die Busse hingegen sei nicht angemessen, eine Geldstrafe sei Denkzettel genug.

Eine Frage der Tagessätze

Das Urteil wird zu einem späteren Zeitpunkt schriftlich eröffnet. Die Richterin sagte, es gelte insbesondere, die Höhe der Tagessätze genau anzuschauen. Denn das Gericht bestimmt diese nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Täters.

Die Richterin sprach aufgrund der ihr vorliegenden Steuererklärung von einem jährlichen Einkommen über 1,26 Millionen Franken. Der Beschuldigte gab dagegen an, 4700 Franken monatlich mit seinem Malergeschäft zu verdienen und 4800 Franken Versicherungsleistungen als Suva- und IV-Rente zu beziehen. Dazu kämen Vermögenserträge etwa aus Liegenschaften, diese seien aber schwankend.

Erstaunt zeigte er sich, dass er überhaupt vor Gericht antraben musste. Er arbeite seit 40 Jahren auf dem Bau, da herrsche eine etwas andere Sprache. «Normalerweise gibt es wegen solchen Sachen keine Anklage.»

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