ProzessBeschuldigter im Missbrauchsprozess sieht sich nicht als pädophil
SDA
16.7.2020 - 16:18
Ein 49-Jähriger, der sich vor dem Luzerner Kantonsgericht wegen sexuellen Missbrauchs zweier Mädchen verantworten muss, hat es bestritten, pädophil zu sein. Er habe sich nicht an seiner Stieftochter und der einst besten Freundin des Mädchens vergangen und fordere einen Freispruch.
Die Diagnose eines Gutachters, wonach er pädophil sei, bezeichnete der Beschuldigte am Donnerstag vor Gericht als «absoluten Schwachsinn». Er sei glücklich verheiratet und hab das nicht nötig. Der Mann, der sich seit 2017 in Haft befindet, erachtet denn auch eine therapeutische Behandlung als unnötig.
Er habe weder seine Stieftochter noch deren einst beste Freundin unsittlich berührt oder sexuell angegangen, als diese Mädchen noch minderjährig waren. Die Vorinstanz hatte ihn zu fünf Jahren und zwei Monaten Gefängnis verurteilt unter anderem wegen Vergewaltigung der Stieftochter und sexueller Handlung mit deren damaliger Freundin.
Wie schon im erstinstanzlichen Prozess argumentierte der Beschuldigte, die damalige Freundin seiner Stieftochter beschuldige ihn falsch. «Sie war verliebt und erfolglos. Sie hat mich nicht bekommen. Ich empfinde das als Rache.»
Kritik an der Vorinstanz
Sein Verteidiger kritisierte die Beweiswürdigung des Kriminalgerichts. Das Familiengefüge der Freundin bleibe aussen vor, genauso wie ein Eifersuchts- oder Rachemotiv. Vor allem fehle eine Aussageanalyse zu den einzelnen Vorwürfen. Diese liefere er nun.
Er wies etwa auf Widersprüche im Aussageverhalten der Freundin hin, wie zur Reihenfolge des Geschlechtsverkehrs mit den beiden oder zu Uhrzeiten. Widersprüche in räumlicher und zeitlicher Hinsicht wertete er als Lügensignale. «Da fehlen Details, da gibt es Widersprüche. Das sind Anzeichen einer erfundenen Geschichte.»
Der eingeklagte Sachverhalt lasse sich somit nicht rechtsgenüglich erstellen, deshalb müsse es zu einem Freispruch kommen. Auch bemängelte der Verteidiger Suggestivfragen im Verfahren.
Gutachten gefordert
Anfänglich hatte auch die Stieftochter den Beschuldigten des sexuellen Missbrauchs bezichtigt, widerrief ihre Aussagen aber später. Dem schenkte das Kriminalgericht allerdings keinen Glauben und führte diese Kehrtwende auf familiären Druck zurück.
«Es gibt andere Erklärungen als Druck der Familie», sagte dagegen der Verteidiger. Er stellte den Antrag auf ein Glaubhaftigkeitsgutachten mit Hilfe einer Fachperson für Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom (ADS). Darunter leide die Stieftochter nämlich. Ausdruck davon könne eine Kombination sein von es allen recht machen zu wollen und introvertiert zu sein.
Die Freundin habe die Stieftochter zu Dingen motiviert, die sie nicht wollte, sagte der Verteidiger. Als Indiz dafür, dass sie mit dem Widerruf die Wahrheit sagte, wertete er die Tatsache, dass die schulischen Leistungen ab diesem Zeitpunkt besser geworden seien.
Es folgt nun das Plädoyer der Staatsanwaltschaft. Diese hatte genauso wie der Beschuldigte Berufung gegen das Urteil des Kriminalgerichts eingereicht.
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