Prozess Gleitschirm-Fluglehrer weist nach Schüler-Absturz Schuld von sich

kad, sda

24.2.2021 - 17:09

Weil sein Gleitschirmschüler beim ersten Höhenflug in Engelberg OW abstürzte, musste sich ein Fluglehrer vor Gericht verantworten. (Symbolbild)
Weil sein Gleitschirmschüler beim ersten Höhenflug in Engelberg OW abstürzte, musste sich ein Fluglehrer vor Gericht verantworten. (Symbolbild)
Keystone

Der Fluglehrer, der sich nach dem Gleitschirmabsturz eines Schülers im Berufungsverfahren vor Obwaldner Obergericht verantworten musste, hat jede Schuld von sich gewiesen. Der von ihm zur Landung gelotste Schüler habe Vortritt gehabt, als er mit einer anderen Pilotin kollidierte.

Am Tag des Unfalls im Januar 2017 habe einwandfreies Flugwetter geherrscht, sagte der 56-jährige Beschuldigte am Mittwoch bei seiner Befragung vor Gericht. Es habe keinen Grund gegeben, den Schüler nach den ersten Versuchen am Übungshang nicht zum ersten Höhenflug starten zu lassen. «Er fühlte sich gut am Start», sagte der Lehrer.

Seinen Anfang nahm das Unglück beim Landeanflug in Engelberg OW, wo der Schüler mit dem Schirm einer anderen Pilotin kollidierte und sodann abstürzte. Dabei zog er sich ein Schädel-Hirn-Trauma und eine Wirbelverletzung zu.

Als Ursache für die Kollision nannte der Beschuldigte, dass die Frau in den Schirm seines Schülers geflogen sei. Dieser sei korrekt im Gegenanflug und vortrittsberechtigt gewesen, weil er schon tiefer war. «Der Fehler war bei der Frau.»

«Freispruch zu Unrecht»

Für einen solchen Tag habe normaler Flugbetrieb geherrscht. «Ich hatte keine Bedenken, der Luftraum zwischen dem Start- und dem Landeplatz war frei», sagte der Beschuldigte. Er finde den Freispruch richtig, den die Vorinstanz gefällt hatte. Seit dem Unfall habe er am Prozedere bei der Ausbildung nichts geändert.

Der Staatsanwalt, der wie der Privatkläger Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil eingelegt hatte, sagte dagegen, der Freispruch sei zu Unrecht erfolgt. Er forderte erneut eine Verurteilung wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung und eine bedingten Geldstrafe von 2200 Franken sowie eine Busse von 500 Franken.

Der Schüler und der Staatsanwalt warfen dem Fluglehrer vor, er hätte den Start nicht erlauben dürfen, weil der Schüler unerfahren und der Flugverkehrs an jenem Samstag sehr dicht war. Auch habe er den Höhenflugtheorietest nicht ordnungsgemäss durchgeführt und somit die Sorgfaltspflicht verletzt.

«So startet man zu erstem Höhenflug»

Die Vorinstanz hätte das Flugaufkommen an jenem Tag kritischer würdigen müssen, sagte der Staatsanwalt. «Sie übersah, dass sich der Privatkläger auf seinem ersten Höhenflug befand.» Der Beschuldigte habe darauf vertraut, dass «schon nichts passieren werde». Das sei typisch für eine Fahrlässigkeit. Der Beschuldigte hätte den Unfall verhindern oder mildern können.

Der Opferanwalt sagte, der Fluglehrer hätte per Funk vorausschauend eingreifen können. Er hätte bei einem Erstflug und dem hohen Flugaufkommen erst recht für noch mehr Abstand sorgen müssen.

Der Anwalt des Fluglehrers forderte dagegen eine Bestätigung des Freispruchs. Die Gegenseite wolle den Eindruck von besonders gefährlichen Verhältnissen erwecken, was nicht der Fall sei. «Es war schön, es hatte nicht zu viel Wind und nicht zu viel Thermik: So startet man zu einem ersten Höhenflug», sagte er.

Die Kritik des Staatsanwalts am Urteil der Vorinstanz wies der Verteidiger zurück. Diese habe sich auf den Sachverständigen gestützt, dessen Einschätzungen relevant seien. Nicht relevant sei dagegen, dass der Schüler seinen ersten Höhenflug absolvierte, da er nicht ein Manöver habe fliegen müssen, das er nicht konnte.

Das Urteil wird zu einem späteren Zeitpunkt schriftlich verkündet.

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