Das Luzerner Kriminalgericht hat einen jungen Mann vom Vorwurf freigesprochen gesprochen, 2014 seine damals 16-jährige Freundin in seiner Wohnung vergewaltigt zu haben. Es hege relevante Zweifel an der Anschuldigung, erklärte das Gericht am Freitag bei der Urteilseröffnung.
Die Staatsanwaltschaft hatte für den Schweizer wegen mehrfacher Vergewaltigung sowie wegen sexueller Nötigung eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten beantragt. Der Beschuldigte bestritt die Vorwürfe, sein Verteidiger forderte einen Freispruch.
In der Darstellung des Staatsanwalts hatte der Beschuldigte im Oktober und November 2014 zwei Mal seine Freundin gegen ihren Willen ausgezogen und sich an ihr vergangen. Die psychisch angeschlagene Frau war bei dem damals 20-jährigen Beschuldigten eingezogen, nachdem sie sich mit ihrer Pflegefamilie und ihrer Mutter überworfen hatte.
Keine Beweise
Die Frau erstattete erst eineinhalb Jahre nach den angeblichen Delikten Anzeige. Direkte Beweise oder Zeugen gibt es keine. Das Gericht musste deswegen auf die Aussagen der beiden Beteiligten abstellen.
Der Beschuldigte sagte bei der Befragung vor Gericht, er habe seiner damaligen Freundin immer geholfen und sie auch finanziell unterstützt. Er sei nicht einer, der anderen ein Leid antue.
Bis sie zum ersten Mal Sex gehabt hätten, seien etwa drei Monate verstrichen, sagte der Beschuldigte. Sie hätten danach nicht häufig, aber einvernehmlich Geschlechtsverkehr gehabt.
An das «erste Mal» mit seiner Freundin konnte sich der Beschuldigte angeblich nicht erinnern. Der Staatsanwalt schloss daraus, dass dieser Sex nicht einvernehmlich gewesen sei.
Wortkarger Beschuldigter
Die Wortkargheit des Beschuldigten zum Thema Sex fiel auch dem Gericht auf. Einiges habe deswegen zunächst auf einen Schuldspruch hingewiesen, sagte der Referendar bei der Urteilseröffnung.
Das Gericht befragte auch die ehemalige Freundin des Beschuldigten eingehend. Sie wurde von einer Mitarbeiterin der Opferhilfe begleitet, der Beschuldigte musste den Gerichtssaal verlassen. Detaillierte Aussagen zum angeblich Geschehenen konnte die Frau aber nicht machen.
Der Staatsanwalt erklärte die Erinnerungslücken der Frau damit, dass sie das Erlebte mittlerweile erfolgreich in Therapien verarbeitet habe und es deswegen nicht mehr abrufbereit sei. Daraus könne aber nicht geschlossen werden, dass ihre Anschuldigungen nicht stimmten. Bei ihrer ersten Einvernahme habe sie bildhaft das Erlebte geschildert.
Fundament der Anklage zusammengebrochen
Das Gericht attestierte der Frau ebenfalls, dass sie in der ersten Einvernahme detailreich die angebliche Vergewaltigung geschildert habe. Allerdings gebe es zu späteren Aussagen erhebliche Widersprüche. Zudem sei es bemerkenswert, dass sie sich bei der Befragung während des Prozesses an praktisch nichts mehr habe erinnern können. Damit falle das Fundament der Anklage zusammen.
Ein Diskussionspunkt am Prozess war die Tatsache, dass die Frau erst im März 2016 ihren früheren Freund anzeigte. Die Frau sagte dazu, sie sei sich nach der Vergewaltigung nicht bewusst gewesen, was passiert sei. Auch habe sie sich nicht getraut, eine Anzeige zu machen. Die Anwältin der Frau führte das Verhalten ihrer Mandantin darauf zurück, dass sie schon in ihrem Elternhaus Gewalt erlebt habe.
Die Frau befand sich in der Zeit nach der behaupteten Vergewaltigungen in stationärer psychiatrischer Behandlung. Weil es nicht schon damals eine Anzeige gab, schloss das Gericht, dass diese mutmasslichen Vorfälle dort nicht zur Sprache gekommen waren. Auch dies stärkte beim Gericht Zweifel an den Anschuldigungen der Frau.
Die Frau hatte sich im Februar 2015 und somit erst einige Monate nach den mutmasslichen Vergewaltigungen vom Beschuldigten getrennt, offenbar aus Eifersucht und weil er oft auswärts war. Dass die Frau, trotz der angeblichen Vergewaltigungen, so lange bei ihrem damaligen Freund geblieben sei, wertete das Gericht als auffällig.
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