Justiz Neun Jahre Gefängnis für Rachefahrer beim Luzerner Strassenstrich

SDA

1.6.2020 - 23:59

Bei der ehemaligen Kehrichtverbrennungsanlage Ibach lenkte ein Mann sein Auto in eine Personengruppe, dafür soll er neun Jahre ins Gefängnis. (Archivbild)
Bei der ehemaligen Kehrichtverbrennungsanlage Ibach lenkte ein Mann sein Auto in eine Personengruppe, dafür soll er neun Jahre ins Gefängnis. (Archivbild)
Source: KEYSTONE/ALEXANDRA WEY

Neun Jahre ins Gefängnis muss ein 27-jähriger Mann, der im August 2017 beim Luzerner Strassenstrich sein Auto in drei Polen gelenkt und einen von ihnen getötet hat. Das Kriminalgericht spricht von einem Rachemotiv und urteilt gar härter, als von der Anklage gefordert.

Der Beschuldigte verkehrte in jener Sommernacht im Auto im Gebiet Ibach mit einer Prostituierten, während sein Cousin draussen auf ihn wartete. Als die beiden Männer anschliessend zusammen eine Zigarette rauchten, wurden sie von drei alkoholisierten Polen beschimpft und angegriffen.

Nachdem sich die drei Polen zu Fuss entfernt hatten, stiegen die beiden Cousins ins Auto. Der Beschuldigte steuerte mit 60 bis 80 Stundenkilometern seinen Wagen aufs Trottoir und fuhr von hinten in die drei Männer hinein, wobei der eine getötet wurde. Danach fuhr der Beschuldigte nach Hause.

Beim Prozess vor Luzerner Kriminalgericht hatte die Staatsanwältin im Februar für die Tat eine Gefängnisstrafe von acht Jahren gefordert. Sie machte mehrfache, zum Teil versuchte, eventualvorsätzliche Tötung geltend.

Lenkbewegung aus Selbstschutz

Sie hielt dem Beschuldigten zugute, dass er vor der Kollision den Entschluss fasste, wieder nach links auf die Strasse zu lenken. «Er versuchte im letzten Moment, die Kollision zu verhindern, was ihm aber nicht mehr gelang», sagte sie vor Gericht.

Das gewichten die Richter anders, wie aus dem begründeten Urteil hervorgeht, das am Montag veröffentlicht wurde. Das Zurücklenken auf die Strasse sei aus Selbstschutz erfolgt, und nicht etwa, um den Taterfolg zu verhindern, halten sie fest. Andernfalls wäre der Beschuldigte nämlich ungebremst in das dortige Gebäude oder ein davor stehendes Auto gefahren.

Es sei erstellt, dass der Beschuldigte mit Wissen und Willen, direktvorsätzlich, von hinten in die auf dem Trottoir gehende Personengruppe hineinfuhr. «Er wollte ihnen eine Abreibung verpassen», schreibt das Gericht.

Der Beschuldigte selber hatte die Absicht bestritten. Er habe, vom Angriff der Polen verängstigt, so schnell wie möglich nach Hause fahren wollen. Als er auf die Gruppe zufuhr, habe er das Gefühl gehabt, einer der dreien wolle etwas auf das fahrende Auto werfen. Da habe er erschrocken das Lenkrad losgelassen, vielleicht habe er das Auto mit dem Knie aufs Trottoir gelenkt.

Rachemotiv

Dies tat das Gericht als Schutzbehauptung ab. Dass die Kollision für den Beschuldigten ein Schock gewesen sein könnte, stelle man nicht in Abrede. Angesichts der Schwere seiner Tat wäre es zudem nicht abwegig, wenn es ihm schwergefallen wäre, sich diese Tat einzugestehen und er sich selbst einen anderen Sachverhalt einredete. Bei der Strafzumessung sei das Rachemotiv des Beschuldigten aber klar negativ zu berücksichtigen.

Bei der Tötungsabsicht könne noch knapp von Eventualvorsatz ausgegangen werden, auch wegen der Auseinandersetzung, die zur Tat führte. Dass der Beschuldigte in die Personengruppe hineinfuhr, sei letztlich eine relativ spontane Aktion gewesen.

Straferhöhend wirke sich aber aus, dass er nach der Kollision einfach nach Hause fuhr, ohne die Polizei oder die Ambulanz zu benachrichtigen. Weil er bis heute keine aufrichtige Reue und Einsicht zeige, könne er auch nicht auf eine Strafmilderung zählen.

Fahrlässige Tötung

Der Beschuldigte, ein Lüftungsmonteur, muss neben der Freiheitsstrafe die Verfahrenskosten von über 60'000 Franken bezahlen. Wegen Fluchtgefahr wurden seine kroatischen und schweizerischen Pässe und Identitätskarten eingezogen.

Er hat Berufung gegen das Urteil angemeldet, das somit noch nicht rechtskräftig ist. Sein Verteidiger hatte auf fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung plädiert. Er forderte dafür eine Freiheitsstrafe von 18 Monaten bedingt.

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