Prozess Rentner droht wegen Finanzdelikten Gefängnisaufenthalt

rl, sda

22.10.2021 - 05:00

Der Stuhl des Angeklagten im Kriminalgericht Luzern. Wenn er könnte, würde er das Geschehene wieder rückgängig machen, sagte ein mutmasslicher Betrüger. (Symbolbild)
Der Stuhl des Angeklagten im Kriminalgericht Luzern. Wenn er könnte, würde er das Geschehene wieder rückgängig machen, sagte ein mutmasslicher Betrüger. (Symbolbild)
Keystone

Ein Senior, der Gelder von Vereinen und Kollegen in der Höhe von 400'000 Franken veruntreut haben soll, soll für 4,5 Jahre ins Gefängnis. Dies hat die Staatsanwaltschaft am Freitag vor dem Kriminalgericht Luzern gefordert. Die Verteidigung will verhindern, dass ihr Mandant ins Gefängnis muss und plädierte für eine bedingte Freiheitsstrafe von 18 Monaten.

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Gefängnis wäre sein Ende, sagte der 70-jährige Schweizer vor Gericht. Zu seinem heutigen Leben sagte er: «Ich sieche dahin». Es tue ihm «mehr als Leid», was er getan habe.

Der Schweizer hatte sich mit 63 pensionieren lassen. Um seine Rente aufzubessern, spekulierte er, wie er vor dem Kriminalgericht ausführte, an der Börse. Zudem arbeitete er als Kassier für zwei gemeinnützige, kirchennahe Vereine.

Bankauszüge gefälscht

Der Kassier zweigte für seine Börsengeschäfte aus den Vereinen Geld ab. Um dies vor den Revisoren zu vertuschen, fälschte er Bankauszüge. Zudem nahm er Gelder von Kollegen an, um dieses angeblich mit Erträgen von 100 Prozent an der Börse zu investieren. Er habe seinen Bekannten vorgegaukelt, dass er sich die frühzeitige Pensionierung dank seinen Börsengeschäften leisten könne, erklärte die Staatsanwältin. Er habe sich eigens in Luzern ein Büro eingerichtet.

Die Gelder der Vereine und der Kollegen habe der Beschuldigte zur Finanzierung seines Lebensunterhalts verwendet und um Darlehen zurückzuzahlen, sagte die Staatsanwältin. Er habe nur einen kleinen Teil an der Börse investiert. Der Beschuldigte habe sich mit seinem Tun des gewerbsmässigen Betrugs, der Veruntreuung, der Urkundenfälschung und der Geldwäscherei schuldig gemacht.

Die Staatsanwältin bewertete bei der Strafzumessung negativ, dass der Beschuldigte spendenfinanzierte gemeinnützige Vereine schädigte. Er sei aber geständig gewesen, und aufrichtige Reue sei erkennbar. Zudem sei er teilweise auch von seinen Kollegen um Investitionsmöglichkeiten angegangen worden.

Tadellosen Ruf genossen

Tatsächlich genoss der Beschuldigte, der vor der Pensionierung in Finanzabteilungen von kirchennahen Hilfswerken arbeitete, den Ruf eines vertrauenswürdigen und qualifizierten Mannes. Er habe seinen Kollegen nie gross über die Börsengeschäfte Auskunft geben müssen, sagte der Beschuldigte. Er zeigte sich auch noch vor Gericht überzeugt, dass seine Börsenwetten hätten funktionieren können, wenn er grössere Geldsummen zur Verfügung gehabt hätte.

Der Verteidiger sagte, sein Mandant habe, wenn er mit einem Kollegen einen Vertrag abschloss, nicht die Absicht gehabt, sich zu bereichern. Er habe seine Kollegen zwar angelogen und ihr Geld veruntreut, aber ihnen gegenüber nicht arglistig ein Lügengebäude aufgebaut. Der Verteidiger forderte deswegen einen Freispruch vom Vorwurf des Betrugs sowie auch der Geldwäscherei.

Der Verteidiger bezeichnete die damalige Situation des Beschuldigten als Teufelskreis. Zu diesem gehörte demnach auch ein zwischenzeitlich verurteilter Bekannter, den der Verteidiger als manipulativ bezeichnete. Sein Mandant habe dem Bekannten hundert Mal Geldbeträge für Sportwetten übergeben.

Hoffen auf den grossen Coup

Der Verteidiger sagte, sein Mandant habe einen bescheidenen Lebensstil gepflegt. Er habe daran geglaubt, mit einem grossen Coup seine desolate finanzielle Situation ins Reine zu bringen.

2017 erstattete der Beschuldigte Selbstanzeige. Zuvor hatte er gemäss Staatsanwaltschaft seine Buchhaltungsunterlagen vernichtet. Auf die Frage des Gerichts, wieso er nicht früher aufgehört habe, sagte der Beschuldigte, die Einsicht, aufhören zu müssen, habe gefehlt.

Das Gericht wird sein Urteil zu einem späteren Zeitpunkt schriftlich eröffnen.