Prozess Vier Jahre Gefängnis für Entzünden von ehemaligem Lebenspartner

SDA

22.8.2019 - 17:32

Reglos nahm der Angeklagte den Urteilsspruch des Luzerner Kriminalgerichts zur Kenntnis.
Reglos nahm der Angeklagte den Urteilsspruch des Luzerner Kriminalgerichts zur Kenntnis.
Source: Kantonsgericht Luzern

Das Kriminalgericht Luzern hat einen Mann schuldig befunden, 2015 seinen damaligen Lebenspartner mit Leichtbenzin übergossen und angezündet zu haben. Es verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren.

Der 49-Jährige habe sich der versuchten eventualvorsätzlichen Tötung schuldig gemacht, sagte die Gerichtsvorsitzende am Donnerstag bei der Urteilsverkündigung. Sie sprach von einem besonders qualvollen und schmerzhaften Vorgehen aus Sicht des Opfers, das lebensgefährlich verletzt wurde.

Weil der Beschuldigte aber beim Löschen half, habe er massgeblich zur Lebensrettung beigetragen. Das Gericht taxierte dies als tätige Reue, was ihm strafmildernd angerechnet wurde. Aufrichtige Reue und Einsicht habe er dagegen nicht gezeigt. Allerdings führte auch die lange Verfahrensdauer zu einer Strafreduktion um sechs Monate.

Der Staatsanwalt hatte letzte Woche am Prozess für den Beschuldigten eine viereinhalbjährige Freiheitsstrafe wegen versuchter Tötung beantragt. Der Verteidiger plädierte für Freispruch. Gemäss ihm handelte es sich beim Brand um einen Unfall oder einen Suizidversuch des Opfers. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Perfide überrumpelt

Der Vorfall häuslicher Gewalt ereignete sich in einer Nacht Ende 2015 in Luzern. Der Staatsanwalt warf dem Beschuldigten vor, seinen Partner im Streit mit Leichtbenzin übergossen, angezündet und lebensgefährlich verletzt zu haben. Er habe damit mindestens den Tod seines Partners in Kauf genommen.

Auch das Kriminalgericht kam zum Schluss, dass der Beschuldigte das Opfer mit Absicht angezündet hatte. Zwar habe er die Tat nicht von langer Hand geplant, aber mit dem Gang in den Keller, wo er die brennbare Flüssigkeit holte, sei doch eine gewisse Planung zu erkennen. Er habe das Vertrauen und die Wehrlosigkeit des sitzenden Opfers ausgenützt und es perfide überrumpelt.

Der Beschuldigte hatte vor dem Gericht ausgesagt, dass er an jenem Abend viel Alkohol getrunken habe. Er habe einen Brandfleck auf dem Salontisch mit einem Öl behandeln wollen, aber in der Dunkelheit die falsche Flasche erwischt. Als diese ihm zu Boden gefallen sei, sei Flüssigkeit auf seinen Partner gespritzt. Wieso das Opfer plötzlich brannte, konnte er nicht sagen.

Anspannung und Frustration

Direkte Zeugen des Vorfalls gab es keine. Die beiden alkoholisierten Männer hatten sich nach einem Besuch von Nachbarn alleine in der Wohnung gestritten. Sie lebten seit 2011 in einer eingetragenen, offenbar nicht einfachen Partnerschaft.

Das Gericht attestierte dem Beschuldigten zwar, dass er aus Anspannung und Frustration heraus und unter Alkoholeinfluss handelte, eine verminderte Schuldfähigkeit sah es aber nicht. Auch wenn er die Tötung nicht mit letztem Willen anstrebte, sei das Tatverschulden doch mittelschwer bis schwer.

Für die Version des vorsätzlichen Anzündens mittels Zündholz spreche das Spurenbild, sagte die Richterin. «Es brannte nur das Opfer, es brannte nicht der Teppich und nicht die Umgebung.»

Die Unfalltheorie sei nicht plausibel. Die Kerzen standen zu weit weg, und wenige Spritzer wären nicht ausreichend gewesen für die Brandverletzungen. Auch die Suizidtheorie verwarf das Gericht. Es wäre sonderbar, dass eine suizidwillige Person sofort die Nachbarin rufen würde, um Rettung zu holen.

Das Aussageverhalten des Beschuldigten zeichne sich durch sehr viele Widersprüche aus, sei ungenau und mit Erinnerungslücken behaftet. Auch habe er mehrere Varianten des Geschehens präsentiert. Die Opferaussage sei dagegen im Kerngeschehen gleichbleibend und mit dem Spurenbild kongruent.

Schliesslich habe die Nachbarin, die nach dem Vorfall gerufen wurde, ausgesagt, dass das Opfer ihr zugerufen habe: «Er hat mich angezündet». Dies könne als Indiz berücksichtigt werden.

Neben der Freiheitsstrafe muss der Beschuldigte dem Opfer eine Genugtuung von 35'000 Franken und eine Parteienentschädigung von 15'000 Franken bezahlen. Die Verfahrenskosten werden ihm überbunden, seinen kubanischen Pass erhält er nach Verbüssen der Strafe zurück.

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