Prozess Wirt soll aus Überforderung Beiz angezündet haben

SDA

26.11.2019 - 13:45

Die Altstadt von Willisau mit dem Untertor und dem gleichnamigen Restaurant. (Archivaufnahme)
Die Altstadt von Willisau mit dem Untertor und dem gleichnamigen Restaurant. (Archivaufnahme)
Source: KEYSTONE/SIGI TISCHLER

Die Luzerner Staatsanwaltschaft fordert für einen Ex-Wirt eine achtjährige Freiheitsstrafe, weil er seine Beiz in Willisau in Brand gesteckt und Menschenleben gefährdet habe. Für die Verteidigung ist diese Beschuldigung unbewiesen, sie will einen Freispruch.

Am 15. Januar 2016 wurde die Altstadt von Willisau durch einen lauten Knall erschüttert. Kurz darauf schlugen aus dem Restaurant Untertor die Flammen mehrere Meter hoch. 150 Feuerwehrleute rückten aus.

Drei Personen, die in den Wohnungen über dem Restaurant wohnten, und deren Fluchtweg die Flammen abschnitten, mussten von der Feuerwehr via Hubretter geborgen werden. Der älteste Hausbewohner war 93 Jahre alt, er musste hospitalisiert werden.

Zur Zeit des Brandes hatte das «Untertor» Betriebsferien. Das Mobiliar war, offenbar wegen Malerarbeiten, beim Buffet zusammengestellt. Die Ermittlungen ergaben, dass die Möbel mit Benzin übergossen und in Brand gesteckt worden waren.

Unschuld beteuert

Der Brandstiftung und in Folge dieser auch der eventualvorsätzlichen versuchten Tötung beschuldigt wird der damalige Pächter des «Untertor». Der 45-Jährige, der heute als Koch arbeitet, bestritt am Dienstag vor dem Kriminalgericht die Tat. Er habe nichts damit zu tun. Er habe ein ruiniertes Lokal übernommen und sehr vieles selber gemacht. Er sei damals zufrieden und stolz gewesen. «Wieso sollte ich mein Leben zerstören?«, fragte er in seinem Schlusswort die Richter.

Allerdings hatte der Beschuldigte im Ermittlungsverfahren unterschiedliche Angaben zu seinem Aufenthalt während des Brandausbruchs gemacht. In einer Version will er bei seiner Freundin in Emmenbrücke gewesen sein, in einer anderen will er einen Club in der Waadt aufgesucht haben, der dann aber geschlossen gewesen sei. Der Referent des Gerichts wies den Beschuldigten darauf hin, dass die Telefondaten beiden Versionen widersprechen würden.

Schlecht erfundene Ausreden

Für die Staatsanwältin steht fest, dass der ehemalige Pächter der Brandstifter ist. Sie stützte ihre Anklage auf die genannten Mobilfunkdaten. Diese bewiesen, dass der Beschuldigte in der Nähe des Tatorts gewesen sei, sagte sie. Seine Aussagen hielten einer Überprüfung nicht stand und seien schlecht erfunden.

Als Motiv nannte die Staatsanwältin finanzielle Probleme. Das Restaurant habe nicht die erhofften Umsätze gebracht. Der Betrieb sei dem Beschuldigten über den Kopf gewachsen, er habe die Finanzen nicht mehr unter Kontrolle gehabt. In seiner Wohnung seien die Restaurantabrechnungen wild verstreut vorgefunden worden.

Die Staatsanwältin forderte eine Verurteilung wegen Brandstiftung und mehrfacher versuchter eventualvorsätzlicher Tötung. Der Beschuldigte habe, um aus seinen finanziellen Verpflichtungen zu kommen, das Leben anderer rücksichtslos in Gefahr gebracht. Auch fehle ihm Reue und Einsicht. Die Staatsanwältin hielt eine Freiheitsstrafe von acht Jahren als angemessen.

Lückenhafte Indizienkette

Der Verteidiger plädierte auf Freispruch. Es gebe keinen direkten Tatbeweis, die Indizienkette sei lückenhaft, sagte er. Er bezweifelte die Aussagekraft der Mobilfunkdaten, denn die Antennen hätten eine Reichweite von bis zu 30 Kilometer. Eine Anwesenheit seines Klienten in Willisau oder am Brandort sei nicht bewiesen.

Finanzielle Probleme als Tatmotiv liess der Verteidiger nicht gelten. Sein Klient habe die Löhne zahlen können, das Restaurant sei sein Lebenstraum gewesen. «Was hätte er mit der Brandstiftung gewonnen? Wieso sollte er die gute Ausgangslage zerstören?«, fragte er.

Der Verteidiger warf den Strafermittlern zudem vor, sich auf seinen Klienten fixiert und einseitig ermittelt zu haben. Gegen eine Täterschaft spreche etwa, dass der Beschuldigte die Versicherung für seinen Betrieb gesenkt und das Restaurant renoviert habe. Niemand renoviere ein Lokal, um es abzufackeln, sagte er.

Es sei unverständlich, dass die Staatsanwaltschaft eine Dritttäterschaft ausgeschlossen habe, erklärte der Verteidiger. Immerhin sei die Restauranttür aufgebrochen und von einem Zeugen ein flüchtender Mann beobachtet worden.

Der Beschuldigte stammt aus dem Kosovo. Er wird von der Staatsanwaltschaft auch beschuldigt, unberechtigterweise in seiner Wohnung bis zur Brandnacht einen Cousin beherbergt und diesen beschäftigt zu haben. Zudem soll er seiner Ex-Gattin Unterhaltsbeiträge für die Kinder schuldig geblieben sein.

Das Urteil wird zu einem späteren Zeitpunkt schriftlich eröffnet. 

Zurück zur Startseite

SDA