SteuerAargauer Gewinnsteuer-Senkung mitten in der Pandemie ist umstritten
ga, sda
8.1.2021 - 14:01
Im Kanton Aargau wollen die bürgerlichen Parteien die Gewinnsteuer für Unternehmen deutlich senken. Die Reduktion ist gemäss SVP «dringend notwendig». Die SP spricht von einem «finanzpolitischen Selbstmord» und einem «zerstörerischen steuerpolitischen Weg». Es geht um 130 Millionen Franken.
Im Aargau soll die Gewinnsteuer für Unternehmen auf Druck des Parlamentes gesenkt werden. Der Regierungsrat hatte die Änderung des Steuergesetzes im Oktober in eine Anhörung geschickt. Bis Freitag konnten die Parteien und Verbände Stellung nehmen.
Steuerausfälle in Millionenhöhe erachtet der Regierungsrat als «verkraftbar». Die Reduktion der Gesamtsteuerbelastung für juristische Personen von 18,6 Prozent auf 15,1 Prozent führt gemäss Regierungsrat zu Ausfällen von insgesamt rund 90 Millionen Franken für den Kanton und zu einer Einnahmereduktion von rund 42 Millionen Franken für die Gemeinden.
Daher schlug der Regierungsrat in seinen Unterlagen für die Anhörung vor, die Senkung der Steuer für Gewinne ab 250'000 Franken in drei Schritten umzusetzen. Das revidierte Steuergesetz soll bereits auf das Jahr 2022 in Kraft treten.
Mit dem Vorschlag zur Senkung der Gewinnsteuer setzte der Regierungsrat eine Forderung der bürgerlichen Mehrheit im Parlament um. Daher stellen sich SVP, FDP und CVP hinter die Vorlage.
SVP: Sorge um Unternehmen
Man sorge sich sehr um die wenigen verbliebenen und sehr gut steuerzahlenden Firmen, hält die SVP fest. Der Handlungsbedarf sei ausgewiesen. Die Reduktion müsse ohne Staffelung Anfang 2022 in Kraft treten.
Auch nach der Senkung auf 15,1 Prozent befinde sich der Aargau noch nicht im angestrebten steuerlichen Mittelfeld. Immerhin könne der Rückstand auf die steuergünstigen Kantone etwas halbiert werden.
Die FDP betont, die einheimischen Unternehmen seien stark von der Corona-Pandemie betroffen. Der Kanton müsse deshalb die steuerlichen Bedingungen verbessern. Der Kanton und die Gemeinden seien auf eine starke und gut diversifizierte Wirtschaft angewiesen.
Die Abwanderung von Firmen sei zu vermeiden und der Zuzug neuer Unternehmen zu unterstützen. «Die vorgeschlagene Gewinnsteuersenkung ist ein erster Schritt dazu», hält die FDP fest. Die Reduktion müsse rasch erfolgen. Der Aargauische Gewerbeverband will ebenfalls eine schnelle Umsetzung.
Auch die CVP, die Partei von Finanzdirektor Markus Dieth, befürwortet die Steuersenkung für Unternehmen. Im Gegensatz zu SVP und FDP spricht sich die CVP dafür aus, die Reduktion – wie vom Regierungsrat vorgeschlagen – schrittweise einzuführen.
Im Grundsatz für die tiefere Steuern sprechen sich die Grünliberalen aus. Es sei jedoch ohne Kompensation nicht verantwortbar, die Senkung umzusetzen. Die zukünftigen Einnahmen- und Ausgabensituation des Kantons und der Gemeinden seien wegen der Corona-Pandemie sehr schwer einzuschätzen.
SP: «Finanzpolitischer Selbstmord»
Widerstand melden SP und Grüne an. Der Regierungsrat beschreite einen «zerstörerischen steuerpolitischen Weg». Dieser bringe kleinen und mittleren Unternehmen überhaupt nichts, hält die SP fest. Einzig die Grossen profitierten: Fünf Prozent oder 1300 der rund 25'500 Unternehmen könnten von tieferen Steuern profitieren.
Vor allem Unternehmen, die momentan unter der Coronakrise leiden, wird gemäss SP nicht geholfen. Sie würden in den nächsten Jahren wohl kaum Gewinnsteuern abliefern. Der Kanton und die Gemeinden könnten sich die Ausfälle ohne Leistungsabbau oder Steuererhöhung für natürliche Personen nicht leisten.
Es sei «absolut verantwortungslos» mitten in der Corona-Pandemie die Unternehmenssteuern senken zu wollen, schreiben die Grünen. Angesichts der weiterhin düsteren Aussichten könnten der Kanton und die Gemeinden die budgetierten Steuereinnahmen nicht erreichen.
Stimmvolk wird wohl entscheiden
Der neu gewählte Grosse Rat wird voraussichtlich im zweiten Quartal über die Revision des Steuergesetzes entscheiden. Das Parlament kann die Vorlage selbst dem Volk zum Entscheid vorlegen – oder die Gegner sammeln Unterschriften für ein Referendum. Die Volksabstimmung über die umstrittene Vorlage würde gemäss Zeitplan des Regierungsrats Anfang 2022 stattfinden.
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