Unterschreiben statt abstempeln Bundesgericht verknurrt Basler Staatsanwälte zur Handarbeit

SDA, gbi

13.7.2022 - 12:00

Das Bundesgericht in Lausanne gab einem Mann recht, der gegen die Unterschriften-Praxis der Basler Staatsanwaltschaft geklagt hatte. 
Das Bundesgericht in Lausanne gab einem Mann recht, der gegen die Unterschriften-Praxis der Basler Staatsanwaltschaft geklagt hatte. 
Bild: Keystone

Die Unterschriften-Stempel der Staatsanwälte im Kanton Basel-Stadt kommen künftig seltener zum Einsatz: Die Strafbefehle müssen eigenhändig unterschrieben werden, hat das Bundesgericht entschieden.

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Ein Autofahrer, der wegen Rechtsüberholens verurteilt werden sollte, ging bis ans Bundesgericht. Mit dem Resultat, dass jetzt die Praxis der Strafverfolgungsbehörde des Kantons Basel-Stadt umgestossen wird.

Der Mann rügte in seiner Beschwerde, der an ihn ausgestellte Strafbefehl leide an einem Formmangel, weil er nicht eigenhändig von der zuständigen Staatsanwältin unterschrieben worden sei. Dies geht aus dem am Mittwoch veröffentlichten Urteil des Bundesgerichts hervor.

Die Staatsanwaltschaft argumentierte vor dem höchsten Schweizer Gericht, dass bei einem Massengeschäft wie den Strafbefehlen die Unterschrift mittels eines Faksimile-Stempels zulässig sei, zumal die Verwendung in einer Weisung streng reglementiert sei.

Nur eine eigenhändige Unterschrift zählt

Dies sieht das Bundesgericht jedoch anders. Die zuständige Person, die den Strafbefehl und damit den Entscheid gefällt habe, müsse ihre Unterschrift eigenhändig unter das Schriftstück setzen, ansonsten sei es ungültig.

Auch die Weisung der Staatsanwaltschaft ändere nichts. Wie dem Urteil des Bundesgerichts zu entnehmen ist, wurde der Faksimile-Stempel nach Berechnung der Kosten durch eine Kanzleiangestellte auf dem Strafbefehl angebracht – allerdings erst nach ausdrücklicher Freigabe im System und der Übergabe der physischen Akten an die Kanzlei.

Ein nicht eigenhändig unterschriebener Strafbefehl ist gemäss Bundesgericht und entgegen der Ansicht des Autofahrers nicht nichtig. Weil der Strafbefehl bei einer Anfechtung als Anklageschrift diene, müsse das jeweils zuständige Gericht prüfen, ob die Anklageschrift ordnungsgemäss erstellt wurde oder ob Prozesshindernisse vorliegen.

Leidet der Strafbefehl oder eben vielmehr die Anklageschrift wegen der fehlenden, eigenhändigen Unterschrift an einem Formmangel, geht die ganze Sache zurück an die Staatsanwaltschaft.

Urteil 6B_684/2021 vom 22.6.2022