Staatsanwaltschaft AG Disziplinarverfahren gegen den Leitenden Aargauer Oberstaatsanwalt

uj, sda

16.8.2024 - 10:00

Der Aargauer Regierungsrat hat ein Disziplinarverfahren gegen den Leitenden Oberstaatsanwalt eröffnet. Dies, nachdem eine Staatsanwältin im Juni 2023 unentschuldigt einer Obergerichtsverhandlung ferngeblieben war.

uj, sda

Das Verhalten des Oberstaatsanwalts im Zusammenhang mit dem Fernbleiben der Staatsanwältin an der Obergerichtsverhandlung werde untersucht, teilte der Regierungsrat am Freitag mit.

Gegen die weiteren involvierten Personen sehe der Regierungsrat keine Grundlage zur Prüfung personalrechtlicher Massnahmen. Es handelt sich namentlich um die betroffene Staatsanwältin selber sowie die Leitende Staatsanwältin der Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau.

Landesverweis für Sexualstraftäter

Auslöser für die Auseinandersetzung zwischen den Behörden war das Strafverfahren gegen einen vom Bezirksgericht Lenzburg wegen sexuellen Handlungen mit Kindern verurteilten Ausländer. Die Staatsanwaltschaft zog das Verfahren an das Obergericht weiter, das über eine Landesverweisung hätte entscheiden sollen. Weil die Staatsanwaltschaft jedoch der Verhandlung im Juni 2023 fernblieb, galt die Berufung als zurückgezogen.

Das habe dazu geführt, dass der verurteilte Straftäter nun in der Schweiz bleiben dürfe, steht im Vorstoss einer SVP-Grossrätin, den der Regierungsrat am Freitag beantwortet hat.

Busse für Staatsanwältin bundesrechtswidrig

Dem nun eröffneten Disziplinarverfahren war ein Urteil des Bundesgerichts vorausgegangen: es entschied, dass die Ordnungsbusse von 1000 Franken, die das Obergericht gegen die säumige Staatsanwältin ausgesprochen hatte, bundesrechtswidrig sei. Der Kanton Aargau muss ihr eine Entschädigung von 3000 Franken auszahlen.

Aufgrund des bundesgerichtlichen Urteils bestehe keine Grundlage für personalrechtliche Massnahme gegen die Staatsanwältin, teilte die Regierung am Freitag mit. Die Verpflichtung zur Anwesenheit bestehe für die Behörde, nicht für die einzelne Staatsanwältin. Sie habe ihre Vorgesetzten korrekt informiert.

Das Bundesgericht habe zudem die Beschwerde der Oberstaatsanwaltschaft abgewiesen, die trotz Abwesenheit an ihrer Berufung festhalten wollte. Mit dieser Abweisung gilt nun für den Täter das Urteil des Bezirksgerichts und er wird nicht des Landes verwiesen.