Nachdem das Bundesgericht das aktuelle Wahlsystem in Graubünden teilweise für unzulässig erklärt hat, muss die Regierung über die Bücher. Spätestens Mitte 2020 will sie ein neues Wahlsystem in die Vernehmlassung schicken. Zwei Jahre später sind die Grossratswahlen.
Das Bündner Majorzsystem ist seit Jahrzehnten umstritten und ein politischer Dauerbrenner. Seit 1937 wurden acht Modelle für eine Verhältniswahl (Proporz) zur Volksabstimmung vorgeschlagen. Ein einziges Mal, 2003, siegten die Befürworter des Proporzes. Die Abstimmung wurde jedoch nach einer Nachzählung wiederholt und es gewannen wieder die Verfechter des Majorzes.
Schliesslich hatten Privatpersonen und kleine Parteien vor zwei Jahren eine Beschwerde gegen das aktuelle System beim Bundesgericht eingereicht. Sie verlangten, das Majorzwahlsystem in den 39 Wahlkreisen für die Bestellung des 120-köpfigen Bündner Grossen Rates müsse auf dessen Verfassungsmässigkeit hin geprüft werden.
Gestern veröffentlichte das Bundesgerichts das Urteil. Laut diesem entspricht das geltende System für die Wahl des Kantonsparlaments im kleinsten Wahlkreis Avers und in den sechs bevölkerungsreichsten Wahlkreisen Chur, Fünf Dörfer, Oberengadin, Rhäzüns, Davos und Ilanz nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen.
Auf Geheiss der Lausanner Richter muss das Majorzwahlsystem für die nächsten Gesamterneuerungswahlen von Mai 2022 geändert werden. Denkbar wäre laut dem Bundesgericht eine Aufteilung der grössten Wahlkreise. Eine andere Möglichkeit wäre die Einführung eines Mischsystems, bei dem in den grösseren Wahlkreisen das Proporzprinzip angewendet würde und in den kleineren das Majorzwahlsystem bestehen bliebe.
Volksabstimmung
Wie das neue Wahlsystem aussehen werde, sei noch offen. Ebenso der Zeitplan, sagte Daniel Spadin, Leiter der Staatskanzlei Graubünden, auf Anfrage von Keystone-SDA. Der Regierungsrat werde sich zügig an die Arbeit machen und alles daran setzen, rechtzeitig ein konformes Wahlsystem vorzulegen.
Zuerst müsse der Regierungsrat das Bundesgerichtsurteil genau analysieren. Bis spätestens Mitte nächsten Jahres werde ein neues Wahlsystem in die Vernehmlassung geschickt werden, welches den Vorgaben des Bundesgerichts entspreche.
Danach komme die Vorlage ins Parlament. Da die Kantonsverfassung angepasst werden müsse, brauche es zwingend eine Volksabstimmung.
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