Spitalpolitik Erstmals alle vier Spitalverbunde im Kanton St. Gallen im Minus

SDA

17.2.2020 - 14:39

Im Kanton sollen die stationären Abteilungen von fünf Landspitälern aus Kostengründen geschlossen werden. Bereits wurden erste Massnahmen ergriffen: Am Spital werden seit dem 1. November 2019 keine Operationen mehr durchgeführt.
Im Kanton sollen die stationären Abteilungen von fünf Landspitälern aus Kostengründen geschlossen werden. Bereits wurden erste Massnahmen ergriffen: Am Spital werden seit dem 1. November 2019 keine Operationen mehr durchgeführt.
Source: KEYSTONE/GIAN EHRENZELLER/Archiv

Für das Geschäftsjahr 2019 weisen erstmals alle vier Spitalverbunde des Kantons St. Gallen ein Minus aus. Insgesamt belief sich das Defizit auf 20,3 Millionen Franken, wie der Verwaltungsrat der Spitalverbunde am Montag bekannt gab.

Budgetiert hatten die neun St. Galler Spitäler für 2019 einen Verlust von 22,4 Millionen Franken. Der Verwaltungsrat ging im vergangenen September noch von einem Verlust von 15 Millionen Franken aus. 2018 lag das Defizit noch bei 4 Millionen Franken. Das aktuelle Ergebnis ist eine Verschlechterung von 16,3 Millionen Franken gegenüber dem Vorjahr.

Für das laufende Jahr rechnet die Spitalgruppe gar mit einem Defizit von 35,5 Millionen Franken. Der Verwaltungsrat sieht sich in seiner Absicht bestätigt, stationäre Abteilungen an Landspitälern zu schliessen.

Eigenkapital schrumpft

Der Kanton, als Eigentümer der Spitäler, hat eine EBITDA-Marge – Gewinn vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und sonstigen Finanzierungsaufwendungen – von 10 Prozent vorgegeben. «Die EBITDA-Marge der einzelnen Spitalverbunde entwickelte sich klar negativ», sagte Felix Sennhauser, Verwaltungsratspräsident der Spitalverbunde. Die Marge der Gruppe der St. Galler Spitäler ist von 4,9 auf 3,6 Prozent geschrumpft. Was laut Sennhauser 45 Millionen Franken ausmache.

Die Marge gehe weiter bergab. «Es braucht strukturelle Veränderungen», sagte Sennhauser. Für 2020 wird mit einer EBITDA-Marge von 2,6 Prozent gerechnet. Bei einer EBITDA-Marge von unter 10 Prozent sinkt der Gewinn. Die Spitäler schreiben Verluste; das Eigenkapital wird aufgezehrt.

Die EBITDA-Lücke zu den Vorgaben betrage ab 2021 jährlich zwischen 84 und 92 Millionen Franken. Beim Status quo werde das Eigenkapital bis 2027 aufgebraucht sein. Mit der Umsetzung der neuen Strategie könnten die Zielvorgaben bis 2028 erreicht werden und das Eigenkapital könnte sich erholen, so Sennhauser.

Trend von stationär zu ambulant

Insgesamt wurden von der Spitalgruppe im vergangenen Jahr 65'492 stationäre Patienten (-2,6 Prozent) behandelt. An fast allen Spitälern gab es eine Verlagerung von stationär zu ambulant. Dieser Bereich ist um 7,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr angestiegen.

Am Kantonsspital St. Gallen blieben die stationären Austritte aber fast stabil. Die Fallschwere-Entwicklung nahm am Zentrumsspital nochmals leicht zu. An den Spitälern Rorschach und Flawil war dagegen eine massive Abnahme der stationären Fälle zu verzeichnen.

Der Spitalverbund mit den Standorten St. Gallen, Rorschach und Flawil erwirtschaftete 2019 einen Verlust von 1,9 Millionen Franken. Budgetiert war ein Minus von 14,3 Millionen Franken. 2018 hatte noch ein Gewinn von 2,5 Millionen Franken resultiert.

Die Spitalregion Werdenberg-Sarganserland mit den Standorten Altstätten, Grabs und Walenstadt schliesst das vergangene Jahr mit einem Minus von 4,2 Millionen Franken ab. Budgetiert war ein ausgeglichenes Ergebnis. 2018 hatte die Spitalregion ein Minus von 670'000 Franken erwirtschaftet.

Grösstes Defizit in Uznach

Beim Spital Linth in Uznach ist das Defizit für 2019 mit 8,5 Millionen Franken am höchsten der vier Spitalverbunde. Budgetiert war ein Minus von 1,5 Millionen Franken. 2018 hatte das Spital Linth noch einen kleinen Gewinn von 100'000 Franken geschrieben.

«Wir hatten 700 stationäre Patienten weniger», sagte Peter Werder, seit zwei Wochen Spitaldirektor, der den Umbau dafür mitverantwortlich machte. Das führte zu tieferen Erträgen; statt 76,7 Millionen Franken wie budgetiert, wurden nur 70,6 Millionen Franken eingenommen. Die Sach- und Personalaufwendungen nahmen dagegen zu, die EBITDA-Marge brach von 6,5 auf -4,6 Prozent ein.

Die Spitalregion Fürstenland-Toggenburg mit den Standorten Wil und Wattwil schloss das Jahr 2019 mit einem Verlust von 5,7 Millionen Franken ab, nicht ganz so schlecht wie das budgetierte Minus von 6,7 Millionen Franken. 2018 hatte die Region ein ähnlich grosses Defizit von rund 6 Millionen Franken verzeichnet. Trotz Verunsicherung durch die Diskussionen um die Spitalstrategie hätten sich die Patientenzahlen besser als erwartet entwickelt, hiess es.

Fünf Landspitäler betroffen

Üblicherweise werden die Zahlen aus den Jahresabschlüssen im März bekannt gegeben. In diesem Jahr wurden sie wenige Stunden vor Beginn der Februarsession des St. Galler Kantonsrats öffentlich gemacht. Die Politik habe Anspruch auf aktuelle Daten, sagte Sennhauser. Ausserdem brauche die Regierung die Zahlen für die bereinigte Fassung der Botschaft, welche der Kantonsrat in der Aprilsession behandeln werde.

Im Mai 2018 hatte der Verwaltungsrat der Spitalverbunde ein Grobkonzept präsentiert, das die Schliessung der stationären Abteilungen in den fünf Landspitälern Altstätten, Walenstadt, Wattwil, Flawil und Rorschach vorschlug. Begründet wurde dies mit den zu erwartenden steigenden Defiziten.

Auch die St. Galler Regierung will die stationäre Gesundheitsversorgung im Kanton künftig auf die vier Standorte St. Gallen, Wil, Grabs und Uznach konzentrieren. Dort sind teilweise Ausbauten geplant. An den übrigen Standorten sind Notfallzentren vorgesehen. Die Vorschläge lösten hitzige Diskussionen und Proteste an den betroffenen Standorten aus.

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