Das Bündner Parlament hat am Dienstag die grosse Justizreform ohne Gegenstimme verabschiedet. Rechtssuchende können davon ausgehen, dass ihre Anliegen von einem neuen Obergericht speditiv behandelt werden. Zudem bringt die Reform mehr Transparenz.
Kernpunkt der Vorlage über die Justizreform ist die Zusammenführung des Kantonsgerichts und des Verwaltungsgerichts zu einem Obergericht mit rund 50 Mitarbeitenden. Graubünden soll dadurch eine moderne, professionelle und effiziente Justiz erhalten, wie der Präsident der vorberatenden Kommission am Dienstag im Grossen Rat sagte.
Verstärkung bei grosser Arbeitslast
Vor allem am Kantonsgericht hatte sich in den letzten Jahren ein Pendenzenberg aufgetürmt. Ausserkantonale Experten hatten festgestellt, dass die Anzahl der Fallerledigungen zwar deutlich zugenommen hat. Gleichzeitig aber stiegen die Pendenzen seit 2011 stetig, im Zeitraum zwischen 2014 und 2019 verdoppelten sie sich praktisch.
Die Experten empfahlen, die Möglichkeit zur Anstellung von Richterinnen und Richter in Teilzeit zu schaffen. Diese Empfehlung setzte das Parlament mit der Reform in die Tat um. Demnach können bei grossem Arbeitsanfall ausserordentliche Richterinnen oder Richter für eine Dauer von bis zu zwei Jahren gewählt werden. Eingesetzt werden können sie auch bei längeren krankheitsbedingten Ausfällen von ordentlichen Richterpersonen.Ein Diskussionspunkt im Parlament bildete die Amtsdauer im Präsidium des Obergerichts. Der Grosse Rat entschied auf vier Jahre.. Andere Vorschläge lauteten auf zwei und acht Jahre.
Medienstelle am neuen Obergericht
Geplant ist, dass das neue Obergericht ein Generalsekretariat erhalten soll, welches administrative Arbeiten erledigt. Dort soll auch ein Informationsbeauftragter arbeiten, der die Öffentlichkeit aktiv über wichtige Fälle orientiert. Aktuell stellen das Kantons- und das Verwaltungsgericht Urteile lediglich stillschweigend auf eine elektronische Plattform.
Als eigentliche «black box» erwiesen sich die elf Regionalgerichte, die von sich aus überhaupt keine Urteile publizieren. Mit der Justizreform wurde für diese Gerichte eine neue Rechtsgrundlage geschaffen, damit wichtige Urteile für die Öffentlichkeit zugänglich sind.
Alles einstimmig
Geplant ist, dass das neue Obergericht ein Generalsekretariat erhalten soll, welches administrative Arbeiten erledigt. Dort soll auch ein Informationsbeauftragter arbeiten, der die Öffentlichkeit aktiv über wichtige Fälle orientiert. Aktuell stellen das Kantons- und das Verwaltungsgericht Urteile lediglich stillschweigend auf eine elektronische Plattform.Die für die Reform nötige Teilrevision der Verfassung genehmigte der Grosse Rat einstimmig, ebenso die Totalrevision des Gerichtsorganisationsgesetzes. Das letzte Wort haben allerdings die Stimmberechtigten, denen die Reform am 27. November dieses Jahres vorgelegt wird.
An diesem Datum wird ebenfalls über einen standesgemässen Sitz für das Bündner Obergericht an der Urne befunden. Neuer Gerichtssitz soll das Staatsgebäude in Chur werden, ein kulturhistorisch wertvolles und denkmalgeschütztes Gebäude, erbaut in den Jahren 1877/78.Wird der Kredit von rund 30 Millionen Franken für die Renovation und Erweiterung in der Abstimmung angenommen, soll das Obergericht dort ab Mitte 2025 seine Arbeit aufnehmen. Auch diese Vorlage verabschiedete das Parlament am Dienstag ohne Gegenstimme.