Kantonsrat SG Verbot extremistischer Veranstaltungen: Uneinigkeit im Kantonsrat

SDA

27.11.2019 - 14:00

Der St. Galler Kantonsrat hat am Mittwoch Änderungen im Polizeigesetz beraten. Lange Diskussionen löste das geplante Verbot von Veranstaltungen mit extremistischem Hintergrund aus. Die Uneinigkeit war gross. Das Geschäft geht zurück an die Kommission.

Der Kanton St. Gallen hatte vor 16 Jahren bei der Bekämpfung häuslicher Gewalt eine Vorreiterrolle übernommen. Mit einer Ergänzung im Polizeigesetz sollen nun Interventionsmöglichkeiten wie eine Wegweisung und ein Rückkehrverbot auch in Fällen von Stalking angewendet werden.

Ausserdem wird eine Koordinationsgruppe Häusliche Gewalt und Stalking eingeführt. Sie übernimmt eine beratende und koordinierende Funktion, wenn aufgrund der Gefährdungslage ein hohes Risiko einer schweren Gewalttat besteht.

Die Vorlage sieht weiter vor, dass die Kantonspolizei Personen, die mit verdächtigen Gegenständen oder Diebeswerkzeugen angehalten werden, auch ausserhalb von Strafverfahren erkennungsdienstlich behandeln kann.

Kommission gegen Verbots-Artikel

Diskussionen löste dann aber vor allem das Verbot extremistischer Veranstaltungen aus, das auf eine Motion der CVP-GLP-Fraktion zurückging. Es war eine Reaktion auf ein Rechtsrock-Konzert in einer Tennishalle in Unterwasser, an dem im Oktober 2016 rund 5000 Neonazis aus dem In- und Ausland teilnahmen.

Die Regierung hatte dazu einen Vorschlag ausgearbeitet: Danach soll die Durchführung einer Veranstaltung verboten werden, die nicht mit der demokratischen und rechtsstaatlichen Grundordnung vereinbart werden kann und das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung massgeblich beeinträchtigt.

Doch dann beantragte die vorberatende Kommission, den Artikel zu streichen – ohne eine Alternative dazu zu formulieren.

In der Debatte im Kantonsrat blieben die Meinungen kontrovers. Die CVP-GLP-Fraktion unterstützte das Verbot – wie auch eine Mehrheit der SP-Grüne-Fraktion. Dagegen sprachen sich vor allem Vertreterinnen und Vertreter von FDP und SVP aus.

Der Sprecher der CVP-GLP-Fraktion warf den anderen Fraktionen vor, es fehle ihnen am Willen, ein Anliegen der Bevölkerung aufzunehmen. Ein Nein zum Verbot bedeute gleichzeitig ein Ja zu extremistischen Veranstaltungen. Man werde im Fall einer Ablehnung die Lancierung einer Volksinitiative prüfen.

Eine Sprecherin der SP betonte, es brauche eine Präzisierung und Schärfung der polizeilichen Generalklausel. Sie verwies in ihren Ausführungen auf den Anschlag auf eine Synagoge in Halle D. Diese Leute seien gefährlich.

Verschiedene Rednerinnen und Redner beschäftigten sich mit der Frage der Tauglichkeit eines Verbots. Von der FDP hiess es, die bisherigen rechtlichen Möglichkeiten reichten aus. Der neue Artikel löse die Problematik nicht. Der Bevölkerung werde eine falsche Sicherheit vorgegaukelt. Es handle sich um «Politik für die Galerie».

Ein Sprecher der SVP erklärte, man wolle keine Scheinverbote. Wer sei es denn, der entscheide, wann die demokratische und rechtsstaatliche Grundordnung gestört sei, fragte der Kantonsrat rhetorisch.

Rückweisung als Ausweg

Fredy Fässler (SP), Vorsteher des Sicherheits- und Justizdepartements, räumte ein, es sei nicht einfach, eine Formulierung zu finden, die mit den Grundrechten kompatibel sei. Die Polizei brauche eine konkrete gesetzliche Bestimmung, um Veranstaltungen wie in Unterwasser zu verbieten. «Wir haben ein Problem, wenn wir keine Normen schaffen», sagte er. «Und wenn der Artikel nichts nützt, was kostet uns das mehr als zwei Zeilen in der Gesetzessammlung?»

Die Diskussion schwankte zwischen dem Ziel, eine Handhabe zu erhalten oder ein Zeichen zu setzen, und den Bedenken gegenüber eines nutzlosen Artikels. Schliesslich stellte Etrit Hasler (SP) den Antrag, das Geschäft an die Kommission zurückzuweisen. Damit stiess er auf breite Zustimmung. Der Rat sprach sich mit 88 gegen 26 Stimmen bei zwei Enthaltungen für einen neuen Anlauf aus. Damit kommt es in einer der kommenden Sessionen zu einer Neuauflage der Debatte.

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