Raubkunst Auch der Kantonsrat verlangt Aufarbeitung der Bührle-Sammlung

fn, sda

13.6.2022 - 09:41

Die Herkunft der 200 Werke der Sammlung Bührle soll lückenlos aufgearbeitet werden. Dies fordert der Zürcher Kantonsrat. Zuvor hatte bereits die Stadt Zürich unabhängige Forschung in Auftrag gegeben. (Symbolbild)
Die Herkunft der 200 Werke der Sammlung Bührle soll lückenlos aufgearbeitet werden. Dies fordert der Zürcher Kantonsrat. Zuvor hatte bereits die Stadt Zürich unabhängige Forschung in Auftrag gegeben. (Symbolbild)
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Nach der Stadt Zürich will nun auch der Kanton die Herkunft der 200 Werke der Bührle-Sammlung aufarbeiten lassen. Das Parlament hat am Montag ein dringliches Postulat von AL, SP und Grünen ganz knapp mit 83 zu 82 Stimmen an die Regierung überwiesen.

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Der Regierungsrat hatte sich eigentlich bereit erklärt, den Vorstoss ohne Diskussion entgegenzunehmen und einen Bericht dazu zu erstellen. Dagegen waren jedoch SVP, FDP und die Mitte, weshalb das Thema auf die Traktandenliste kam.

Das sei ein populistisch motiviertes Anliegen, begründete Rochus Burtscher (SVP, Dietikon) das Nein seiner Partei. Das Kunsthaus betreibe bereits heute Herkunftsforschung und dies professionell. Der linken Ratsseite sei einfach der Name «Bührle» ein Dorn im Auge.

Das Kunsthaus gehöre zudem der Stadt Zürich, deshalb solle die Stadt die Herkunftsforschung für alle Bührle-Werke auch selber bewerkstelligen und selber bezahlen, sagte Burtscher weiter.

FDP: «Alle wissen jetzt, was zu tun ist»

Die FDP wiederum unterstützte zwar das Anliegen einer lückenlosen Herkunftsforschung. «Das Anliegen rennt offene Türen ein», sagte Sonja Rueff-Frenkel (Zürich). «Aber diese Türen stehen schon so weit offen, dass es diesen Vorstoss nicht mehr braucht.»

Die lückenlose Aufarbeitung der Bührle-Stiftung sei ja bereits von Stadt, Kanton und Kunsthaus aufgegleist. «Es wurde zu lange zu wenig unternommen. Aber alle wissen jetzt, was zu tun ist.» Es brauche keine zusätzlichen Berichte durch den Regierungsrat.

Mitte: «Die Stadt Zürich hat den Lead»

Auch die Mitte stimmte gegen das dringliche Postulat von linker Seite. Als Hauptgeldgeberin des Kunsthauses habe die Stadt Zürich den Lead in dieser Sache, sagte Kathrin Wydler (Zürich). Sie habe die Aufarbeitung bekanntlich bereits angestossen. Falls danach immer noch Fragen offen seien, könne der Kanton dann immer noch weitere Forschungsaufträge anregen.

«Wir dürfen uns nicht einfach aus der Verantwortung stehlen», sagte hingegen Michael Zeugin (GLP, Winterthur). Schliesslich seien über den Lotteriefonds 30 Millionen Franken in dieses Gebäude geflossen und der Kanton habe das Land kostenlos zur Verfügung gestellt. «Es liegt auch an uns, für Aufklärung zu sorgen.» Die GLP war intern jedoch uneins, weshalb sie Stimmfreigabe beschloss.

«An die Spitze der Provenienzforschung»

SP-Justizdirektorin Jacqueline Fehr bestätigte, dass Stadt, Kanton und Kunsthaus bereits daran seien, die Forschung zu organisieren. Der Vorstoss renne somit wirklich offene Türen ein.

Wer das Mandat erhalten und was es genau beinhalten soll, werde noch geklärt. Dabei würden auch «kritische Stimmen» einbezogen, versprach sie. Mit dieser Forschung werde das Kunsthaus hoffentlich an die weltweite Spitze der Provenienzforschung aufrücken.

Sie begrüsste es, dass sich die Debatte im Kantonsrat geändert hat. Bei der Debatte vor zehn Jahren sei es lediglich um das Gebäude gegangen. Ihrer Ansicht nach kann sich Zürich aber nicht aus der Verantwortung nehmen. Bührle sei keine Einzelfigur gewesen. «Er lebte in einem Zürich, das sein Handeln unterstützte.»

Auch der Bund wird tätig

Die Diskussionen um die Sammlung Bührle hatten auch bereits Auswirkungen auf Bundesebene. Im Mai entschied der Nationalrat, eine unabhängige Kommission zum Thema NS-Raubkunst einzusetzen. Diese soll entscheiden, was mit Kulturgütern geschieht, die Nationalsozialisten an sich genommen hatten.

Dabei soll nicht mehr zwischen Raub- und Fluchtkunst unterschieden werden. Es soll also keine Rolle mehr spielen, ob ein Werk von den Nazis geraubt wurde oder die Eigentümer es gezwungenermassen verkaufen mussten, etwa um ihre Flucht zu finanzieren.

Als nächstes wird der Ständerat über die Einsetzung einer solchen Kommission entscheiden. Solche Gremien gibt es bereits in Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, den Niederlanden und Österreich.