Energie Bezirksgericht Winterthur verurteilt beide «Wärmering»-Beschuldigte

fn, sda

29.4.2022 - 14:44

Das Bezirksgericht Winterthur hat beide Beschuldigten in der so genannten "Wärmering"-Affäre verurteilt. Beide ziehen den Fall ans Obergericht weiter. (Archivbild)
Das Bezirksgericht Winterthur hat beide Beschuldigten in der so genannten "Wärmering"-Affäre verurteilt. Beide ziehen den Fall ans Obergericht weiter. (Archivbild)
Keystone

Das Bezirksgericht Winterthur hat am Freitagnachmittag die beiden Beschuldigten in der «Wärmering»-Affäre schuldig gesprochen. Der ehemalige Direktor und der ehemalige Finanzchef von Stadtwerk Winterthur erhalten bedingte Geldstrafen. Sie hatten die Wärme Frauenfeld AG finanziell besser dargestellt, als dies in Wahrheit der Fall war.

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Der ehemalige Direktor von Stadtwerk, Markus Sägesser, erhielt wegen Urkundenfälschung im Amt und wegen ungetreuer Geschäftsführung eine bedingte Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 120 Franken.

Der ehemalige Finanzchef wurde wegen Urkundenfälschung im Amt mit einer ebenfalls bedingten Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 200 Franken bestraft. Auch bei ihm wird die Probezeit für die Geldstrafe zwei Jahre dauern. Das Gericht folgte damit den Anträgen der Staatsanwaltschaft, die genau solche Geldstrafen verlangt hatte.

Die beiden hatten einen Fehlbetrag von 2,4 Millionen Franken für Wärmepumpen nicht dem Thurgauer Wärme-Projekt belastet, sondern auf mehrere Stadtwerk-Bereiche verteilt und die Schieflage des Betriebs somit verschleiert. Die Stadt Winterthur war an dem politisch wichtigen Nachhaltigkeits-Projekt finanziell beteiligt, ein Konkurs sollte unbedingt vermieden werden.

«Sie waren die Entscheidungsträger»

«Das war kein Versehen, keine Fahrlässigkeit. Das war ein bewusster Entscheid», sagte der Richter in der Urteilseröffnung. Es handle sich klar um eine Urkundenfälschung.

Die beiden Verurteilten hatten während des Prozesses Anfang April immer wieder kritisiert, dass sie Bauernopfer seien und eigentlich andere Leute auf der Anklagebank sitzen müssten, konkret die Verantwortlichen aus der Politik.

Für den Richter war aber klar: «Sie sind die verantwortlichen Entscheidungsträger», sagte er zu den beiden ehemaligen Kaderleuten. Es sei nicht Sache des Gerichtes, zu klären, wer sonst noch Fehler gemacht habe. Zudem hätten die beiden ebenfalls versucht, die Verantwortung nach unten abzuschieben, nämlich an die Angestellte, welche die Verbuchung vorgenommen habe.

«Immerhin nicht persönlich bereichert»

Der Finanzchef habe die Idee und das Wissen gehabt, der Direktor habe das Vorgehen gebilligt. «Immerhin wollten Sie sich nicht persönlich bereichern», sagte der Richter zu den Verurteilten. Verschuldensmässig sei das noch im «unteren Bereich».

Sägesser erhielt einige Tagessätze mehr, weil er zusätzlich zur Urkundenfälschung im Amt auch noch wegen ungetreuer Geschäftsführung schuldig gesprochen wurde. Er hatte eingewilligt, dass Stadtwerk einen 12-jährigen Mountainbiker mit 6000 Franken unterstützte, obwohl Stadtwerk keine Einzelpersonen sponsert, sondern nur Anlässe.

Dieser junge Mountainbiker war «zufälligerweise» auch noch der Sohn eines Mitarbeiters. Sägesser habe sich hier über die eigenen Regeln hinweggesetzt, sagte der Richter. Der Staatsanwalt hatte den Direktor beim Prozess deswegen als «Sonnenkönig» bezeichnet.

Beide ziehen den Fall ans Obergericht

Beide Verurteilten kündigten noch im Gerichtssaal an, den Fall ans Zürcher Obergericht weiterzuziehen. Die Wärme Frauenfeld AG wird die Justiz also noch eine Weile beschäftigen. Als Unternehmen ist sie aber seit 2018 Geschichte. Der Wärmeverbund wurde aufgelöst und in die Werkbetriebe Frauenfeld integriert.

Die Stadt Winterthur zog sich aus dem Betrieb zurück und verlor dabei 1,4 Millionen Franken. Zudem musste die Stadt ihren Aktienkapitalanteil von 200'000 Franken abschreiben. Damit sich ein Debakel wie die «Wärmering»-Affäre nicht wiederholt, erliess der Stadtrat inzwischen neue Richtlinien zu Beteiligungen.

Auch gegen den damals für Stadtwerk zuständigen Stadtrat Matthias Gfeller (Grüne) hatte die Staatsanwaltschaft ursprünglich ein Verfahren eingeleitet, dieses wurde aber eingestellt. Seinen Posten räumte Gfeller dennoch. Er trat 2016 aus dem Stadtrat zurück.