Mordprozess Bezirksgericht Zürich: Freispruch oder 16 Jahre Gefängnis gefordert

SDA

22.8.2018 - 16:32

Vor dem Bezirksgericht Zürich hat sich am Mittwoch ein 62-Jähriger verantworten müssen. Er soll seine Ehefrau ermordet haben. Der Mann aus Bangladesch bestreitet dies. Die Staatsanwaltschaft verlangt eine Freiheitsstrafe von 16 Jahren, die Verteidigung Freispruch.

Am Montagmorgen, am 19 Oktober 2009, verliess die Schuhverkäuferin ihr Zuhause in Zürich-Oerlikon, um zur Arbeit zu gehen. Doch in unmittelbarer Nähe des Hauseingangs wird sie aus nächster Nähe von mindestens fünf Schüssen in Kopf, Hände und Oberschenkel getroffen. Sie stirbt noch am Tatort.

Für die Staatsanwaltschaft kann das niemand anders gewesen sein als ihr Ehemann. Ausser ihm habe niemand ein Motiv gehabt, die Frau zu töten, sagte die Staatsanwältin vor dem Bezirksgericht Zürich. Wegen ihrer Liebesbeziehung zu einem anderen Mann sei der Ehemann "zerfressen" gewesen vor Eifersucht und Hass.

Der gehörnte Ehemann fürchtete gemäss Staatsanwältin offenbar um seinen Ruf und um seine beiden Söhne, damals 5 und 12 Jahre alt. Der Mann habe sich aus Rache eine Schusswaffe besorgt und gezielt auf seine damalige Ehefrau geschossen. Es sei eine regelrechte Exekution gewesen.

Der Beschuldigte sei eine der wenigen Personen gewesen, die den unregelmässigen Arbeitsplan der Schuhverkäuferin gekannt habe. "Er hat kein Alibi für die Tatzeit", sagte die Staatsanwältin. Zudem hätten die Ermittler nach der Tat an seinen Händen und der Jacke Schmauchspuren festgestellt.

Weil die Beweislage aber dennoch nicht eindeutig war, setzte die Staatsanwaltschaft zwei verdeckte Ermittler ein - getarnt als Wahrsagerin und als türkischer Diamanthändler mit Eheproblemen.

Hang zum Spirituellen

Mit den beiden Tarnungen machten sich die Behörden die Lebenswelt des Beschuldigten zunutze, der bereits früher den Kontakt zu Wahrsagern suchte und sich für Rituale und Spiritualität interessierte.

Gegenüber der "Wahrsagerin" gab der Beschuldigte laut Staatsanwältin die Tat denn auch zu. Das Geständnis sei nicht erzwungen gewesen, sagte sie in ihrem Plädoyer. Der Beschuldigte habe von sich aus erzählt, dass er schlimme Bilder im Kopf habe, dass er verantwortlich sei - aber seine Frau habe so viel falsch gemacht.

Gegenüber dem anderen verdeckten Ermittler sagte der Beschuldigte offenbar, dass es richtig sei, wenn Betrüger ihre gerechte Strafe erhalten. "Die Strafe für einen Betrüger ist der Tod, nichts anderes", soll er gesagt haben.

Geständnis zurückgezogen

Das angebliche Geständnis zog der heute 62-jährige Mann wieder zurück. Er sei unter Druck gestanden, denn ihm sei gedroht worden. Zudem habe er auch bluffen wollen, sagte er vor Gericht.

Für sein Verteidiger ist klar: Die Ermittler wollten den Beschuldigten mit allen Mitteln der Schauspielkunst zu einem Geständnis drängen. Er hingegen sei von der Unschuld seines Mandanten überzeugt. Das Geständnis sei weder glaubwürdig noch verwendbar. Der Mann sei unter Druck gesetzt und extra verängstigt worden.

Gerade auch in den umfangreichen Ermittlungen sieht der Verteidiger, der einen Freispruch fordert, vor allem eines bewiesen: die Unschuld. Der Beschuldigte sei observiert worden, sein Auto wurde verwanzt, seine Telefone und Gespräche aus Telefonzellen abgehört. Die Akten füllen etwa 40 Bundesordner. Zudem verbrachte der Mann insgesamt 16 Monate in Untersuchungshaft.

Wann das Urteil eröffnet wird, ist offen. Es wird nicht mehr am Mittwoch erwartet.

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