Bulldogge «Lisi» bei Geburt gestorben Halterin muss vor Obergericht

fn, sda

11.5.2021 - 20:00

Französische Bulldoggen haben häufig Probleme beim Gebären, weil die Köpfe der Welpen wegen der Überzüchtung so gross sind. Im Fall von «Lisi» endete dies tödlich. Ihre Halterin musste sich deshalb vor Gericht verantworten. (Symbolbild)
Französische Bulldoggen haben häufig Probleme beim Gebären, weil die Köpfe der Welpen wegen der Überzüchtung so gross sind. Im Fall von «Lisi» endete dies tödlich. Ihre Halterin musste sich deshalb vor Gericht verantworten. (Symbolbild)
Bild: Keystone

Die französische Bulldogge «Lisi» starb einen langsamen, qualvollen Tod, weil ein Welpe in ihrem Geburtskanal feststeckte. Ihre Halterin, eine 35-Jährige aus Winterthur, hat sich deswegen am Dienstag vor Obergericht verantworten müssen. Das Urteil liegt noch nicht vor.

Keystone-SDA, fn, sda

Die Staatsanwältin und das Veterinäramt werfen der Serbin vor, sich nicht um die Bulldogge gekümmert zu haben, als die Geburt losging. Die Frau rief zwar bei der Tierärztin an, verzichtete aber darauf, «Lisi» ins Tierspital zu bringen, obwohl die Praxisassistentin ihr offenbar dringend dazu geraten hatte.

Gemäss Anklage war der Grund dafür finanzieller Natur: Ein Not-Kaiserschnitt bei einem Hund kostet zwischen 2000 und 3000 Franken. Geld, das die Frau gemäss Staatsanwältin nicht ausgeben wollte, weil sie mit dem Verkauf der Welpen Geld verdienen wollte.

Nur deshalb habe sie «Lisi» illegal aus Kroatien importiert und den nicht kastrierten Rüden «Lumi» dazugeholt. Probleme bei der Geburt sind bei dieser überzüchteten Mode-Rasse jedoch häufig, weil die Becken der Hündinnen schmal und Welpenköpfe sehr gross sind.

Die Beschuldigte sei von der Tierärztin über die Gefahr von Komplikationen aufgeklärt worden, sagte die Staatsanwältin weiter. «Lisi» nicht ins Tierspital zu bringen, war ihrer Meinung nach «nicht nur Vernachlässigung, das war Misshandlung».

30 Stunden bis zum Tod

Sie habe das Tier elendiglich verrecken lassen. 30 Stunden habe es gedauert, bis «Lisi» tot gewesen sei. Ein Welpe steckte in ihr fest. Als die Halterin am Morgen aufstand und nach den frisch geborenen Welpen sehen wollte, sei «Lisi» tot und «schon ganz starr» gewesen.

Erst dann habe sie sich beim Tierspital gemeldet. Gemäss eigenen Aussagen wollte sie per Ultraschall prüfen lassen, ob vielleicht noch einer der Welpen lebte. Aber alle seien schon tot gewesen.

Gemäss Staatsanwältin fragte die Frau im Tierspital nach, ob sie die Hündin einfach an den Strassenrand legen oder in die Kadaversammelstelle bringen könne. «Tierliebe sieht anders aus.»

Die Obduktion, welche die Halterin per Einsprache verhindern wollte, ergab nicht nur, dass die Hündin eindeutig an den Folgen der Geburt starb, sondern dass «Lisi» auch unterernährt war. Die Staatsanwaltschaft fordert wegen Tierquälerei eine Freiheitsstrafe von acht Monaten bedingt, dazu eine Busse von 2000 Franken.

«Geliebte Familienhunde»

Die Vorinstanz, das Bezirksgericht Bülach, hatte die zweifache Mutter im Zweifel für die Angeklagte noch freigesprochen. Es kam zum Schluss, dass der Ablauf der Ereignisse am Tag der Hundegeburt nicht zweifelsfrei nachgewiesen sei.

Tatsächlich schildert die Halterin selber ein ganze anderes Bild. «Lisi» und «Luma» seien geliebte Familienhunde gewesen. Die Welpen habe sie zudem behalten und nicht verkaufen wollen. Der Tod der Bulldogge sei «eine Verkettung unglücklicher Umstände» gewesen, so ihre Anwältin. «Ein schwarzer Tag für die Familie.»

Dass ein Not-Kaiserschnitt unumgänglich gewesen sei, sei ihr von der Tierarzt-Praxisassistentin nicht explizit kommuniziert worden. Es habe ja auch keine Anzeichen dafür gegeben, dass etwas nicht stimme.

Die Obduktion habe sie aus religiösen Gründen verhindern wollen. Als Serbisch-Orthodoxe lehnt es die Beschuldigte ab, dass an toten Tieren oder Menschen «herumgeschnipselt» wird, wie sie es ausdrückte. Auch eine Kastration von «Lumi» wollte sie keinesfalls. «Lieber lasse ich meinen Mann und mich selber kastrieren.»

Halteverbot für unsterilisierte Hündinnen

«Lumi» lebt inzwischen bei einer anderen Familie. Die Beschuldigte gab ihn freiwillig ab. Für die Staatsanwältin ist klar, weshalb: Mit einem Rüden alleine gibt es keine lukrativen Welpen. Eine nicht sterilisierte Hündin durfte sich die Frau aber nicht mehr anschaffen. Das Veterinäramt hatte ihr dies untersagt.

Sie selber sagte am Dienstag unter Tränen, dass sie «Lumi» nur deshalb weggegeben habe, weil sie nichts mehr mit den Behörden zu tun haben wolle. «Ich habe meine Hunde geliebt wie meine eigenen Kinder.» Heute hält sie keine Hunde mehr. Auch drei Pitbulls in Serbien sind nicht mehr in ihrem Besitz. Das Urteil wird in den kommenden Tagen oder Wochen schriftlich eröffnet.