Steuern Cum-Ex-Prozess: Harsche Kritik an Zürcher Staatsanwaltschaft

SDA

26.3.2019 - 18:34

Die Cum-Ex-Geschäfte des Deutschen Drogerie-Königs Erwin Müller waren am Dienstag Thema vor dem Bezirksgericht Zürich: Drei Deutsche müssen sich wegen Wirtschaftsspionage verantworten, weil sie geheime Dokumente der Bank J. Safra Sarasin weitergegeben haben sollen. Zwei von ihnen streiten die Vorwürfe ab. Der Dritte würde alles wieder genauso machen – und kritisierte die Staatsanwaltschaft.

Vor Gericht steht für einmal ein Rechtsanwalt selber: Eckart Seith, der Anwalt des 86-jährigen Deutschen Drogerie-Königs Erwin Müller, der mit seinen Drogeriefachmärkten zum Milliardär wurde. Anwalt Seith wird vorgeworfen, geheime Dokumente der Bank J. Safra Sarasin entgegengenommen und für einen Zivilprozess verwendet zu haben.

Diesen Prozess strengte Müller an, weil er von der Bank falsch beraten worden sei. Vor einigen Jahren riet die J. Safra Sarasin dem Drogerie-König, in den Luxemburger Sheridan-Fonds zu investieren, über den umstrittene Cum-Ex-Geschäfte abgewickelt wurden.

Dabei wurden Erstattungen auf Kapitalertragssteuern mehrfach vom Deutschen Fiskus zurückgefordert. Dieser Steuertrick brachte den Staat im Laufe der Jahre um hunderte Millionen Euro.

Die Investoren kassierten derweil eine gute Rendite – auf Kosten der deutschen Steuerzahler. 2012 wurden diese Geschäfte in Deutschland verboten – bereits vier Jahre zuvor in der Schweiz. Der Sheridan-Fonds brach zusammen, Müllers 50 Millionen Euro waren weg.

Bank ausspioniert

Anwalt Seith vertrat Müller im Entschädigungsprozess gegen die Bank Sarasin – und gewann. Das Landgericht Ulm entschied 2017, dass die Bank 45 Millionen Euro zurückzahlen muss, weil sie Müller falsch beraten habe. Der 86-Jährige beteuerte stets, dass er nicht gewusst habe, in was er da investiere und über den Tisch gezogen worden sei.

Gewonnen wurde der Prozess dank geheimer Bank-Unterlagen, an die Seith gekommen war und welche die Falschberatung nachwiesen. Woher er die Dokumente hatte, wollte Seith am Dienstag vor Gericht nicht verraten. Sie seien ihm «anonym in den Briefkasten gelegt» worden.

Weil er die brisanten Dokumente im Prozess verwendete und sie auch noch dem Deutschen Staat weiterleitete, will ihn die Zürcher Staatsanwaltschaft wegen Wirtschaftsspionage verurteilen und für 3,5 Jahre ins Gefängnis schicken. Für den Staatsanwalt ist klar: Die Bank J. Safra Sarasin wurde ausspioniert.

«Gemolken wie Kühe»

Seith hingegen hält sich für unschuldig. «Ich würde mich noch einmal exakt gleich verhalten», sagte er in angriffigem Ton vor Gericht. Für die Zürcher Staatsanwaltschaft hatte er nur harsche Kritik übrig. Diese sei parteiisch, korrupt und nehme die Bank in Schutz.

So würden nicht nur Schadenersatzansprüche ausländischer Kunden unterbunden, die «von Schweizer Banken gemolken werden wie Kühe». Der Schweizer Staat verhindere so auch, dass das grösste Wirtschaftsdelikt der Nachkriegszeit aufgedeckt werde.

Vor Gericht verantworten mussten sich auch zwei Ex-Banker, welche gemäss Anklage die Quelle der geheimen Dokumente waren. Für das Herausgeben dieser Unterlagen hätten sie von Erwin Müller 1 Prozent der Prozesssumme erhalten, also 450'000 Franken, die sie dann unter sich aufgeteilt hätten. Beide Beschuldigten streiten die Vorwürfe ab.

Anwälte wollten Prozess platzen lassen

Der Prozess wird am Donnerstag mit den Plädoyers von Staatsanwalt und Anwälten fortgesetzt. Wann das Urteil eröffnet wird, ist offen. Der Zeitplan geriet schon zu Beginn durcheinander, weil die Verhandlung erst mit mehrstündiger Verzögerung starten konnte.

Die Anwälte der drei Beschuldigten versuchten, den Prozess platzen zu lassen. Sie verlangten, dass der Fall wegen der Befangenheit des Staatsanwaltes völlig neu aufgerollt wird. Die Anwälte kritisierten zudem das Aktenverzeichnis sowie die Verfahrensführung allgemein.

Für den Staatsanwalt ist klar, was die Verteidiger erreichen wollen. «Hier werden irrelevante Sachen aufgebauscht in der Hoffnung, dass der Prozess nicht stattfindet.» Das Bezirksgericht entschied aber, den Prozess wie geplant durchzuführen. Auf die Kritik an der Zürcher Staatsanwaltschaft will es erst im Urteil eingehen.

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