Das Obergericht Zürich hat die Zürcher Stadträtin Simone Brander (SP) vom Vorwurf eines Verstosses gegen die Covid-19-Verordnung des Bundes freigesprochen. Brander hatte im Mai 2020 trotz Veranstaltungsverbot an einer Kundgebung von Velo-Aktivisten teilgenommen.
leph, sda
31.05.2022, 10:04
31.05.2022, 10:28
SDA
Das Obergericht begründete den Freispruch am Dienstagmorgen damit, dass Brander gar nicht gegen die damals gültige Covid Verordnung des Bundes verstossen habe. Die Aktion habe weder gegen das Veranstaltungsverbot, noch gegen das Versammlungsverbot für mehr als fünf Personen verstossen.
Auch ein aktueller Entscheid des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) war laut dem vorsitzenden Richter in diesem Fall «nicht ganz ohne Bedeutung».
Gemäss dem im März ergangenen Entscheid verletzte das zu Beginn der Covid-Pandemie in der Schweiz während 10 Wochen geltende Veranstaltungsverbot die von der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) geschützte Versammlungsfreiheit.
Brander, die erst im Februar dieses Jahres in den Zürcher Stadtrat gewählt wurde, verliess die Verhandlung vor Obergericht bereits nach einer kurzen Befragung wieder. Sie ist derzeit wegen eines Bandscheiben-Vorfalls krankgeschrieben.
Die Vorinstanz, das Bezirksgericht Zürich, verurteilte die SP-Politikerin für die Teilnahme an der Aktion im März 2021 zu einer Geldstrafe von 10 Tagessätzen à 100 Franken.
Weitere Teilnehmer freigesprochen
Das Zürcher Obergericht sprach bereits Ende April zwei weitere Personen frei, welche für die Teilnahme an der Aktion vom Bezirksgericht verurteilt wurden. Begründet wurden die Freisprüche damals mit dem EGMR-Entscheid.
Wie Branders Verteidiger an der Verhandlung sagte, müsse der Schuldspruch nicht nur aufgrund des Verstosses gegen die EMRK aufgehoben werden, sondern auch weil er gegen nationales Recht verstosse.
Der Bundesrat sei gar nicht dazu ermächtigt gewesen, in der Covid Verordnung Massnahmen zu erlassen, die mit Freiheits- oder Geldstrafen sanktioniert würden.
So wie das Zürcher Obergericht den Fall Branders nun entschieden hat, waren die vom Verteidiger aufgeworfenen Fragen jedoch gar nicht vertieft zu prüfen. «Wir haben uns nicht zu sehr mit staatsrechtlichen Fragen oder Normenkontrolle herumgeschlagen», sagte der Richter.
Richter lobt gute Organisation
Er attestierte den Velo-Aktivistinnen und – Aktivisten gar ein umsichtiges Vorgehen. «Unter epidemiologischen Gesichtspunkten war die Aktion nicht schlecht organisiert. Es gab keine unnötige Menschenansammlung. Die politische Meinungsäusserung war möglich ohne gegen die Covid-Verordnung zu verstossen.»
Dem Fall liegt eine Aktion des Vereins Umverkehr zugrunde. Aktivisten und Aktivistinnen wollten im Mai 2020 zeigen, dass sich unbürokratisch Velowege schaffen lassen. Sie sperrten auf der Gessnerallee in Zürich währen knapp einer halben Stunde eine der beiden Autofahrspuren und markierten diese mit einer Schablone und Kreide als Fahrradweg.
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