Schiffsunfall Küsnachter Schiffsunfall: Menschliches und technisches Versagen

falu, sda

20.9.2021 - 13:09

Beim Unfall der "MS Albis" 2016 in Küsnacht wurden drei Personen schwer verletzt. (Archivbild)
Beim Unfall der "MS Albis" 2016 in Küsnacht wurden drei Personen schwer verletzt. (Archivbild)
Keystone

Die Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle (Sust) hat ihren Schlussbericht zum Unfall der «MS Albis» von 2016 in Küsnacht vorgelegt: Ob rein menschliches oder technisches Versagen dazu geführt hatte, ist demnach unklar. Beim Unfall verletzten sich drei Personen schwer, dazu entstand grosser Sachschaden.

Keystone-SDA, falu, sda

«Kurz nach 13:09 Uhr prallte das MS Albis mit einer Geschwindigkeit von 20.7 km/h und in einem Winkel von ca. 45° in den Anlegesteg der Anlegestelle Küsnacht», wie der am Montag veröffentlichte Sust-Bericht feststellt. Die Übernahme des Fahrkommandos, vom Haupt- in einen Aussenfahrstand, hatte technisch nicht funktioniert.

Dazu kam der Zeitdruck zur Fahrplaneinhaltung: In Küsnacht legten Schiffe aus entgegengesetzten Richtung innert drei Minuten an beziehungsweise ab. Und bei der Ankunft der «Albis» war gerade ein anderes Schiff am Ablegen. Nachdem also ein zweiter Versuch zur Kommandoübernahme auf dem Aussenfahrstand fehlgeschlagen war, blieb nur noch «wenig Reserve für Unvorhergesehenes», wie der Bericht festhält.

Immerhin: Mit seinem Entscheid, das Schiff zwischen Prellpfähle und Steg zu lenken, verhinderte der Schiffsführer noch grösseren Schaden. Die Zürichsee Schifffahrtsgesellschaft (ZSG) hatte den Schaden an Schiff und Steg im Nachgang zum Unfall auf über 230'000 Franken geschätzt. Am Montag hiess es bei der ZSG auf Nachfrage, die Schadenssumme beliefen sich auf rund 330'000 Franken.

Wenig ausgeprägtes Sicherheitsbewusstsein

Schiffsführer und ZSG kommen im Sust-Bericht aber nicht nur gut weg. Der Schiffsführer habe mit seinem offensiven Fahrverhalten etwa hohes Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Technik gezeigt – aber ein «wenig ausgeprägtes Sicherheitsbewusstsein».

Bei der ZSG machte die Sust ein mangelndes Monitoring und Training aus hinsichtlich Systemausfällen und Notprozeduren. Ein Szenario zur Störung oder zum Ausfall der Motorensteuerung gab es bis dato etwa nicht. Auch hatte die ZSG ähnliche Probleme in der Vergangenheit nicht an die Behörden gemeldet, obwohl die Sust diese als sicherheitsrelevant einstufte.

Seit dem Unfall wurden bei der ZSG laut Bericht die kritisierten Missstände behoben. So informiert sie die Behörden mittlerweile lückenlos, dazu ist ein neues Ausbildungs- und Prüfungsreglement in Kraft und das Monitoring wurde angepasst.

Staatsanwaltschaft untersucht Unfall noch immer

Die ZSG teilte in einer Stellungnahme am Montag zudem mit, die Schiffsführerinnen und Schiffsführer unterlägen keinem «unverhältnismässigen» Fahrplandruck. Dazu sei eine Rollenübung zum Ausfall der Motorensteuerung von den Behörden nicht vorgeschrieben. Der gleichzeitige Ausfall aller drei redundanten Steuerstände sei «sehr unwahrscheinlich». Die Staatsanwaltschaft untersuche den Unfall weiterhin.

Die ZSG unterstütze die Untersuchung der Staatsanwaltschaft bestmöglich, sagte eine ZSG-Sprecherin auf Nachfrage von Keystone-SDA. Eine vom Verwaltungsrat veranlasste Administrativuntersuchung sei zudem zum Schluss gekommen, dass der Verwaltungsrat jederzeit seiner Aufsichtspflicht nachgekommen sei. Ob der involvierte Schiffsführer noch bei der ZSG arbeitet, wurde mit Verweis auf Personenschutz nicht beantwortet.

Beim Unfall 2016 befanden sich laut Sust-Bericht 55 Passagiere an Bord der «MS Albis», 24 Personen wurden beim Aufprall verletzt, drei davon schwer.