Weniger Parkplätze, mehr Raum für Fussgänger und Velofahrer: Mit 78 zu 33 Stimmen hat der Zürcher Gemeinderat am Freitag den Richtplan Verkehr festgesetzt. Die links-grüne Mehrheit hat ihm den Stempel aufgedrückt, die bürgerliche Minderheit will die Vorlage nun vor das Volk bringen.
02.07.2021, 16:24
SDA
SVP und FDP lehnten die Vorlage ab. Die SVP kritisierte die Stossrichtung des in ihren Augen einseitigen Richtplanes: «Es ist immer wieder nur gegen das Auto gegangen», hielt Roger Bartholdi fest und zählte unter anderem «Temporeduktionen, Fahrverbote und Parkplatzabbau» auf.
Für die FDP wird die Stadt durch Einschränkungen ausgebremst und lahmgelegt, wie Catherine Pauli sagte. Sie kritisierte unter anderem die einseitige Kündigung des historischen Parkplatzkompromisses durch die links-grüne Seite. Die Freisinnigen haben bereits zu Beginn der Debatte angekündigt, das Referendum ergreifen zu wollen.
Die links-grüne Seite ist mit dem Ausgang der Debatte vom Mittwoch und Freitag zufrieden, die insgesamt etwas mehr als zehn Stunden dauerte. Der Richtplan stelle «die Abkehr von der extremen Bevorzugung der Automobilität» dar, meinte Olivia Romanelli (AL). Die Menschen in Zürich wollen weniger Autos, dafür aber mehr Platz, mehr Grün, mehr Begegnungsräume. «Niemand wünscht sich den Parkplatz auf dem Münsterhof zurück.»
Von einem überzeugenden Programm von Rot-Grün für einen zukunftsfähigen Verkehr sprach Markus Knauss (Grüne). Für die SP ist der Richtplan die Voraussetzung für eine lebenswerte und ökologische Stadt der Zukunft, wie Davy Graf sagte.
Parkplatzabbau in der Innenstadt ist möglich
Mit dem neuen Richtplan Verkehr der Stadt Zürich wird unter anderem der historische Parkplatzkompromiss aus dem Jahr 1996 aufgehoben. In der Zürcher Innenstadt werden Parkplätze, die oberirdisch wegfallen, damit nicht mehr länger unterirdisch kompensiert werden müssen.
Auf Antrag der SP heisst es nun, dass in der Innenstadt und in den citynahen Gebieten «oberirdische Parkplätze gesamthaft reduziert werden». Die frei werdenden Verkehrsflächen sollen in Fussgänger-, Velo-, Grün- oder Aufenthaltsbereiche umgestaltet werden, der Stadtraum soll so aufgewertet werden.
AL und Grüne hätten den Kompromiss am liebsten gleich ganz aufgegeben und den gesamten Abschnitt aus dem Richtplan gestrichen. Sie schwenkten aber, da sie in der Minderheit blieben, am Ende auf den SP-Antrag um.
FDP, GLP und EVP hätten eine Reduktion der Parkplätze um maximal zehn Prozent hingenommen, wie dies der Stadtrat beantragt hatte – wenn weitere zehn Prozent der Abstellplätze elektrifiziert worden wären. Die SVP pochte derweil auf dem Erhalt aller Abstellplätze.
Velo, Tempo 30 und Netto-Null
Der Gemeinderat hat zudem im Richtplan verankert, dass bis 2030 ein Netz von Velovorzugsrouten von mindestens 50 Kilometer Länge erstellt wird. Diese sollen auch für ungeübte Velofahrende attraktiv sein; denn sie sind vom motorisierten Individualverkehr befreit und in der Regel bei Querungen vortrittsberechtigt.
Damit wird die im September 2020 angenommene Volksinitiative «Sichere Velorouten für Zürich» im Richtplan festgeschrieben. Zürich werde so endlich zu einer Velostadt, befand die Ratsmehrheit. Velowege würden nicht mehr länger irgendwo anfangen und gleich wieder aufhören. SVP und FDP hätte es dagegen ausgereicht, wenn bloss das Grundsatzziel der Initiative festgehalten worden wäre.
Auf Antrag der links-grünen Seite ist im Richtplan nun unter anderem auch enthalten, dass sich die städtische Mobilität bis ins Jahr 2030 auf das Klimaschutzziel von Netto-Null-Treibhausgase ausrichten soll und dass auch auf Hauptstrassen Tempo 30 anzustreben sei.
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