Coronavirus – Schweiz Raser und Betrüger: Coronavirus verleitet zu neuen Straftaten

olgr, sda

28.4.2021 - 12:25

Im Lockdown waren die Strassen leer: Dies lockte Raser auf die Autobahnen, wie dem Jahresbericht der Zürcher Staatsanwaltschaften zu entnehmen ist. (Symbolbild)
Im Lockdown waren die Strassen leer: Dies lockte Raser auf die Autobahnen, wie dem Jahresbericht der Zürcher Staatsanwaltschaften zu entnehmen ist. (Symbolbild)
Keystone

Die Zürcher Staatsanwaltschaften haben 2020 etwa gleich viele Fälle wie in den beiden Vorjahren eröffnet: Das Coronavirus liess zwar das gesellschaftliche Leben monatelang praktisch stillstehen, es veränderte aber auch das kriminalistische Verhalten.

Keystone-SDA, olgr, sda

Die fünf regionalen und die drei spezialisierten kantonalen Staatsanwaltschaften des Kantons Zürich eröffneten im vergangenen Jahr 28'559 neue Geschäfte. Das sind nur 189 weniger als 2019, wie dem am Mittwoch veröffentlichten Jahresbericht zu entnehmen ist.

Beat Oppliger, der leitende Oberstaatsanwalt des Kantons Zürich, sprach deshalb von einem intensiven Jahr. «Die Arbeitsbelastung bleibt hoch.» Sorge bereite ihm die andauernde Überlastung bei komplexen Wirtschaftsstrafverfahren. Zusätzliche Ressourcen seien dringend notwendig.

Das hohe Fallaufkommen bezeichnete Oppliger – angesichts des Corona-Lockdowns – als erstaunlich und bemerkenswert. Doch habe die Pandemie auch zu neuen Entwicklungen geführt. So hatten etwa im Frühjahr 2020, als die Strassen leergefegt waren und genügend Platz boten, unter anderem die Raserdelikte markant zugenommen. Die Strafverfahren in diesem Zusammenhang verdoppelten sich in jenem Zeitraum.

Zwielichtige Personen passen sich an

Zudem traten neue Delikte auf. Der Bund hatte in der ersten Pandemiewelle Notkredite für ins Schlingern geratene Unternehmen mit 40 Milliarden Franken abgesichert. «Wo es um viel Geld geht, treten auch immer rasch zwielichtige Personen auf den Plan», heisst es im Jahresbericht. Betrüger hätten schnell erkannt, dass die unbürokratische Soforthilfe missbraucht werden könne.

Ende des vergangenen Jahres ermittelten Kantonspolizei und Staatsanwaltschaften im Kanton Zürich in 178 Fällen, in denen der Verdacht auf Covid-19-Kreditbetrug im Raum stand. Diese Zahl ist inzwischen weiter angestiegen; es werden derzeit 253 Verdachtsfälle mit einer mutmasslichen Deliktsumme von insgesamt 42 Millionen Franken verfolgt. Am Dienstag wurde vom Bezirksgericht Dietikon der erste Zürcher Beschuldigte wegen Betrug und Urkundenfälschung erstinstanzlich verurteilt.

Zwei weitere Anklagen sind inzwischen bei den Bezirksgerichten Winterthur und Bülach eingereicht worden, wie Oberstaatsanwalt Andreas Eckert am Mittwoch sagte. Zudem seien rund 20 Verfahren mittels Strafbefehl abgeschlossen worden, die sich meist ebenfalls um Betrug und Urkundenfälschung drehten.

Zu kleine Büros für Einvernahmen

Die Pandemie führte aber auch dazu, dass Ende 2020 bei den Zürcher Staatsanwaltschaften fünf Prozent mehr Geschäfte offen waren als ein Jahr davor. Die Pendenzenlast wird mit 10'621 Fällen angegeben (Vorjahr: 10'136). Für den Anstieg werden insbesondere «pandemiebedingte Verfahrensverzögerungen» verantwortlich gemacht.

So haben sich gemäss Jahresbericht beispielsweise wegen der Ansteckungsgefahr Einvernahmen verzögert. Dennoch wurden 2020 insgesamt rund 14'400 Einvernahmen durchgeführt, wie Andreas Eckert sagte. Rund fünf Prozent weniger als im Jahr davor, als 15'100 verzeichnet wurden.

Diese konnten aber nicht mehr wie üblich in den Büros der Staatsanwälte stattfinden – diese sind in der Regel zu klein: Es seien spezielle, grosse Einvernahmeräume eingerichtet worden, führte Eckert aus. Dies habe auch ein Reservationssystem erforderlich gemacht. Zudem seien Einvernahmen vermehrt mittels Video erfolgt.