Kommunale Finanzen Stadt Zürich erwartet Defizite bis 2026 – ohne beunruhigt zu sein

olgr, sda

27.9.2022 - 11:44

Defizite seien unerfreulich, sagt Finanzvorstand Daniel Leupi (Grüne): Doch trotz der von 2023 bis 2026 vorgesehen roten Zahlen bleibe die Stadt Zürich handlungsfähig. (Archivbild, 23. Juni 2022)
Defizite seien unerfreulich, sagt Finanzvorstand Daniel Leupi (Grüne): Doch trotz der von 2023 bis 2026 vorgesehen roten Zahlen bleibe die Stadt Zürich handlungsfähig. (Archivbild, 23. Juni 2022)
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Die Stadt Zürich legt ein Budget 2023 und einen Finanzplan bis 2026 mit Roten Zahlen vor: Trotz dieser Defizite bleibe die Stadt auch in den kommenden Jahren handlungsfähig – dank des Eigenkapitals und den reduzierten langfristigen Schulden, hält der Stadtrat fest.

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Zum ersten Mal in ihrer Geschichte plant die Stadt Zürich mit Gesamtausgaben von über zehn Milliarden Franken: Das am Dienstag präsentierte Budget 2023 weist bei einem Gesamtaufwand von 10,315 Milliarden Franken ein Minus von 173,5 Millionen Franken aus. Auch in den Jahren von 2024 bis 2026 werden weitere Defizite zwischen 170 und 239 Millionen Franken erwartet.

Rechnungen dürften besser ausfallen

Die roten Zahlen treiben Finanzvorstand Daniel Leupi (Grüne) keine Schweissperlen auf die Stirn, wie er an einer Medienkonferenz in Zürich sagte. Defizite seien natürlich unerfreulich, aber deren Höhe seien für die Stadt nicht dramatisch. Das Minus 2023 betrage 1,7 Prozent der Gesamteinnahmen, dies liege im Streubereich.

Im Ergebnis seien zudem 100 Millionen Franken enthalten, mit denen der neue Wohnfonds einmalig geäufnet wird. Und schliesslich zeige die Erfahrung, dass die Rechnungen jeweils besser abschliessen als es die Budgets jeweils voraussehen. So liessen sich beispielsweise nicht alle geplanten Projekte umsetzen, nicht alle vorgesehenen Stellen besetzen, sagte Leupi.

Am Steuerfuss will der Stadtrat deshalb auch nicht rütteln. Er will ihn unverändert bei 119 Prozentpunkten belassen. «Es gibt weder einen Spielraum für eine Senkung des Steuerfusses, noch ist eine Erhöhung notwendig», sagte Leupi an einer Medienkonferenz.

Der Stadtrat richte seine Finanzpolitik weiterhin auf Stabilität aus. Dank früheren positiven Rechnungsabschlüssen konnte das Eigenkapital erhöht werden. Zudem sanken die langfristigen Schulden seit 2014 um rund 1,5 Milliarden Franken. «Mit dieser guten Ausgangslage können wir die grossen Herausforderungen für den städtischen Finanzhaushalt angehen.»

Klimaschutz, Wachstum und Unsicherheiten

Das Budget 2023 und der Finanzplan bis 2026 seien geprägt vom anhaltenden Wachstum der Stadt, den Investitionen in den Klimaschutz, der Finanzierung der städtischen Leistungen sowie den wirtschaftlichen Unsicherheiten, fasst der Stadtrat zusammen.

So steigt unter anderem der Personalaufwand im kommenden Jahr um knapp 170 Millionen auf 3,268 Milliarden Franken an. Dies ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass wegen höheren Schülerzahlen mehr Lehrpersonen beschäftigt werden müssen. Zudem werden die Betreuungsangebote in der Stadt ausgebaut. Zudem will der Stadtrat die Teuerung ausgleichen; im Budget sind dafür vorerst 39 Millionen Franken eingestellt.

Bei den Steuereinnahmen erwartet der Stadtrat mit 3,367 Milliarden Franken ein kleines Plus von 269,2 Millionen Franken, zu dem sowohl die natürlichen Personen wegen des Bevölkerungswachstums als auch die Unternehmen aufgrund von guten Ergebnissen beitragen.

Und dank dem nach wie vor «sehr regen Liegenschaftenhandel», bei dem zudem pro Fall steigende Gewinne zu verzeichnen sind, sprudeln auch die Grundstückgewinnsteuern. Für 2023 geht der Stadtrat von 420 Millionen Franken aus, in den weiteren Planjahren rechnet er mit weiter steigenden Werten.

Ebenfalls weiter zunehmen wird die Investitionstätigkeit der Stadt: 2023 rechnet sie mit Nettoinvestitionen von 1,3 Milliarden Franken, von 2024 bis 2026 mit jeweils rund 1,5 Milliarden Franken.

Bürgerliche über Ausgaben verärgert

Auf bürgerliche Seite kommt das Budget nicht gut an. Die SVP zeigt sich beängstigt und schreibt von «unüberblickbaren Budgetierungsrisiken». Sie verlangt, dass der Stadtrat eine generelle Aufgabenüberprüfung und Verzichtsplanung anpackt. «Das Fremdkapital von rund 8,5 Milliarden soll angesichts steigender Zinsen abgebaut werden und nicht um fast zwei Milliarden zunehmen.»

Die Freisinnigen kritisieren, «dass die Ausgaben in der Stadt unkontrolliert weiterwachsen, auch überproportional zum Bevölkerungswachstum». Es werde einfach weiter mit grosser Kelle angerührt, anstatt die Leistungsträgerinnen und -träger zu entlasten. Die FDP glaubt, dass mit einer seriösen Planung eine Steuerfusssenkung um zehn Prozentpunkte möglich wäre.

Für Mitte-Links wirken die Ausgaben

SP, AL und Grüne stören sich am Ausgabenwachstum nicht: So würden sich Investitionen in die Bildung fast immer lohnen, sie kämen aber halt nicht ohne Preisschild aus, schreibt etwa die SP.

Das Geld fliesse unter anderem in Klimaschutzmassnahmen und familienergänzende Betreuung – das seien Massnahmen, welche die Attraktivität der Stadt weiter erhöhen, hält die AL fest. «Die nach wie vor sehr hohen erwarteten Steuereinnahmen zeigen, dass Zürich attraktiv ist zum Wohnen und zum Arbeiten», bilanzieren die Grünen.

Die GLP-Fraktion reagiert ebenfalls positiv auf das Budget: Es schliesse mit einer «roten Null» ab – und dies trotz Teuerung, Krieg und Krise. Der Stadtrat sei aber bezüglich Investitionen in die Zukunft zu zaghaft unterwegs.