Asylwesen Stadtparlament fordert Untersuchung zum Asyl-Jugendheim Lilienberg

fn, sda

22.6.2022 - 19:34

Die offenbar prekären Verhältnisse im Asyl-Jugendheim Lilienberg veranlassten das Zürcher Stadtparlament dazu, den Geschäftsbericht der Asyl-Organisation Zürich abzulehnen. (Symbolbild)
Die offenbar prekären Verhältnisse im Asyl-Jugendheim Lilienberg veranlassten das Zürcher Stadtparlament dazu, den Geschäftsbericht der Asyl-Organisation Zürich abzulehnen. (Symbolbild)
Keystone

Nach dem Kantonsrat hat sich am Mittwoch auch der Zürcher Gemeinderat mit den offenbar prekären Verhältnissen im Asyl-Jugendheim Lilienberg in Affoltern am Albis befasst. Das Stadtparlament fordert eine externe Untersuchung – zurück bis ins Jahr 2014.

Keystone-SDA, fn, sda

Der Gemeinderat hat mit 89 zu 27 Stimmen ein Postulat von SP, Grünen und AL an den Stadtrat überwiesen, in dem eine umfassende Aufarbeitung der mutmasslichen Missstände im Heim für unbegleitete Minderjährige gefordert wird.

Erstellt werden soll dieser Bericht von einer externen Person oder Institution. Wichtig seien dabei auch Empfehlungen, um die strukturellen Probleme im Heim für unbegleitete Minderjährige zu lösen.

Der Stadtrat war gegen den Vorstoss, vor allem deshalb, weil «schon vieles am Laufen» sei, wie Sozialvorsteher Raphael Golta (SP) sagte. So habe etwa das kantonale Sozialamt bereits eine ausserordentliche Betriebsprüfung in Auftrag gegeben.

Heim offenbar völlig überfüllt

Die Vorwürfe gegen das Asyl-Jugendheim Lilienberg in Affoltern am Albis wurden Anfang Juni publik: Mit aktuell 90 unbegleiteten, geflüchteten Jugendlichen sei das Heim völlig überfüllt. Die jungen Geflüchteten müssten teilweise zu sechst in einem Zimmer leben, das nur für drei Personen vorgesehen sei.

Gemeinschaftsräume und Hausaufgabenzimmer seien wegen Platzmangels aufgelöst. Die Jugendlichen hätten keinen Raum, um sich zurückziehen zu können. Gleichzeitig sei die Betreuung mangelhaft. Auf zehn Jugendliche kommt offenbar nur eine Sozialpädagogin.

«Zu wenig Fachkräfte»

Golta betonte in der Debatte, dass der Asyl-Organisation Zürich (AOZ), die das Heim im Auftrag des Kantons betreibt, für das fehlende Personal kein Vorwurf gemacht werden könne.

Es fehle schlicht an Fachkräften. «Die würden gerne sofort Sozialpädagogen einstellen, aber finden schlicht niemanden», sagte Golta. Die AOZ ist eine selbständige, öffentlich-rechtliche Anstalt der Stadt Zürich.

Als Zeichen des Protests gegen die AOZ entschied das Parlament trotzdem, mit 74 Nein- zu 43 Ja-Stimmen, den Jahresbericht 2021 der Asyl-Organisation nicht zu genehmigen. Ständig würden neue Probleme mit der AOZ aufploppen, im Jahresbericht finde sich aber kein Wort darüber, begründete etwa die SVP ihre Protestnote.

Regierungsrat sieht Verantwortung bei der AOZ

Der Kantonsrat erklärte an diesem Montag ein Postulat für dringlich, das fordert, das Heim für unbegleitete Minderjährige nicht mehr der Asylfürsorgeverordnung und dem Sozialhilfegesetz zu unterstellen, sondern dem Kinder- und Jugendheimgesetz.

Würden die Anforderungen des Kinder- und Jugendheimgesetzes gelten, müsste sich die AOZ für den Betrieb des Lilienbergs an höhere Qualitätsstandards halten. Der Regierungsrat muss nun innert fünf Wochen Bericht erstatten, ob er bereit ist, das Postulat entgegenzunehmen oder nicht.

Die Haltung des Regierungsrates ist jedoch bereits heute klar: Die Verantwortung sieht Sicherheitsdirektor Mario Fehr (parteilos) bei der AOZ, welche das Heim betreibt.