Die Fachstelle Extremismus und Gewaltprävention (FSEG) der Stadt Winterthur wird definitiv eingeführt. Grund dafür ist die Nachfrage nach Beratung und Wissensvermittlung sowie die positive Wirkung der Fachstelle. Ursprünglich war die FSEG bis Ende 2018 befristet.
Generell zieht die Stadt eine positive Bilanz: Die Fachstelle habe zu einer deutlich spürbaren Entspannung in der Bevölkerung geführt, sagte Sozialvorsteher Nicolas Galladé (SP) am Dienstag vor den Medien in Winterthur.
Zudem trug sie zum nationalen Aktionsplan des Bundes zur Verhinderung von Radikalisierung und gewalttätigem Extremismus (NAP) bei. Der Stadtrat kam deshalb zum Schluss, die mit einem 80-Prozent-Pensum dotierte Fachstelle definitiv einzuführen.
Die Fachstelle war geschaffen worden, nachdem Winterthur immer wieder als "Jihadisten-Hochburg" in die Schlagzeilen geraten war. Fachstellenleiter Urs Allemann begann Anfang Oktober 2016 mit seiner Arbeit. In den ersten 18 Monaten erhielt die Fachstelle 76 Beratungsanfragen, wie Allemann ausführte.
In fünf Fällen rote Linie überschritten
Bei 68 Fällen ging es um risikogefährdete Personen - wobei in den allermeisten Fällen keine Gefährdung vorlag. Als Beispiel erwähnte Allemann eine Schülerin, die plötzlich verschleiert in die Berufsschule kam und ihre muslimische Mitschülerin unter Druck setzte. Es bestand jedoch keine Gefahr auf Gewaltbereitschaft.
In drei Fällen wurden allgemeine Fragen gestellt. Beispielsweise meldete sich ein Bürger wegen eines suspekten Flyers im Briefkasten. Abklärungen ergaben, dass der Flyer zwar von einer islamischen Gruppe stammt, diese aber weder in Winterthur aktiv ist, noch ein Gefahrenpotential davon ausgeht.
In fünf Fällen gab es Anzeichen für Gewaltbereitschaft, Selbst- oder Fremdgefährdung - es wurde die sogenannte rote Linie überschritten: In diesen Fällen arbeitete die FSEG mit dem Gewaltschutz der Polizei zusammen.
In zwei Fällen wurde ein islamistischer Hintergrund nicht erhärtet, bei zwei weiteren Fällen hatten die Personen psychische Krankheiten. Bei einem Fall hatte sich ein junger Mann über eine Ausreise informiert.
Leitfaden für Volksschule
Ausserdem führte die Fachstelle 50 Aktivitäten zur Wissensvermittlung durch. Das waren beispielsweise Elternveranstaltungen, ein Leitfaden für die Volksschule oder Schulungen von Mitarbeitenden im Sozialbereich.
Die Fachstelle arbeitet eng mit dem Brückenbauer der Stadtpolizei und der Fachstelle Integration zusammen - gemeinsam bilden sie die Kerngruppe Extremismus und Gewaltprävention.
Weiter wurde ein Netzwerk mit Organisationen von Stadt, Kanton und Privaten aufgebaut. Das Netzwerk sei und bleibe eines der wichtigsten Instrumente der Fachstelle, sagte Françoise Vogel, Leiterin Prävention und Suchthilfe. In Zukunft will die Stadt Winterthur mit der Fachstelle auch auf allfällige neue Strömungen von Radikalisierung rasch und adäquat reagieren können.
Die Grünliberale Fraktion in Winterthur anerkennt zwar den Nutzen der FSEG. Es sei auch nachvollziehbar, die Stelle nun in den Stellenplan aufzunehmen, heisst es in einer Mitteilung. Gleichzeitig kritisieren die Grünliberalen aber, dass das Parlament umgangen wurde bei der Schaffung der Stelle. Der Stadtrat solle zudem prüfen, inwieweit eine Mitfinanzierung des Bundes im Rahmen des NAP möglich ist.
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