Coronavirus – Schweiz Zürcher Kantonsrat ermöglicht Budget-Beschlüsse an der Urne

uj, sda

23.11.2020 - 11:28

Zürcher Gemeinden können wegen der Corona-Pandemie Abstimmungen über Budgets und Steuerfüsse von der Gemeindeversammlung an die Urne verschieben. (Symbolbild)
Zürcher Gemeinden können wegen der Corona-Pandemie Abstimmungen über Budgets und Steuerfüsse von der Gemeindeversammlung an die Urne verschieben. (Symbolbild)
SDA

Gemeinden, die über Budget und Steuerfuss normalerweise an Gemeindeversammlungen bestimmen, dürfen dies diesen Winter wegen der Corona-Pandemie an der Urne tun. Der Kantonsrat hat das dazu nötige Gesetz am Montag in zweiter Lesung mit grossem Mehr verabschiedet. Für laute Nebengeräusche sorgte einmal mehr Kantonsrat Hans-Peter Amrein.

Das Gesetz über Urnenabstimmungen in Versammlungsgemeinden während der Corona-Pandemie gilt nur bis Ende März 2021. Weil nun die Budgetierungs-Saison bevorsteht, wurde das Notgesetz im Eiltempo verabschiedet. Das Gesetz wurde am Montag mit 160 zu 6 Stimmen für dringlich erklärt und kann daher schon in einer Woche in Kraft treten.

Weil verschiedene Fristen eingehalten werden müssen, können Gemeinden solche Urnenabstimmungen dennoch erst ab dem 31. Januar durchführen.

Das befristete Gesetz erlaubt den Zürcher Gemeinden, Entscheide, für die sonst eine Versammlung nötig wäre, per Urnenabstimmung zu fällen. Zwar können Gemeindeversammlungen weiterhin stattfinden, wenn ein Schutzkonzept vorliegt. Die Gemeinden erhalten aber mit dem Gesetz eine Alternative, um Entscheide ohne die Problematik von allfälligen Corona-Ansteckungen durchzuführen.

Insbesondere die Abstimmung über das Budget und den Steuerfuss der Gemeinden kann somit per Urne erfolgen. Weiter sollen «auch andere wichtige Geschäfte» an der Urne entschieden werden können, wenn ein erhebliches öffentliches Interesse vorliegt.

Lautstarke Nebengeräusche von Küsnachter Kantonsrat

Eigentlich hätte die zweite Lesung des neuen Gesetzes als sogenannte Redaktionslesung glatt über die Bühen gehen sollen, da es dabei normalerweise nur um formelle Präzisierungen durch die Redaktionskommission nach der ersten Lesung geht.

Für gehässige Töne sorgte aber Kantonsrat Hans-Peter Amrein (Küsnacht), der nach einem Zerwürfnis mit der SVP nun fraktionslos im Rat sitzt. In einem Rückkommensantrag wollte er das Abstimmungsprozedere über Budget und Steuerfuss abändern.

Das Gesetz sieht darüber die Abstimmung in einem Paket vor. Steht in einer Gemeinde eine Steuerfussänderung zur Debatte, sollen zwei solcher Pakete in einer Varianten-Abstimmung vor die Stimmbevölkerung kommen.

Amrein monierte, die Regelung verstosse gegen die Verfassung und verletzte das Gebot der Einheit der Materie. Die Stimmberechtigten müssten die Möglichkeit haben, zum Beispiel dem Steuerfuss zuzustimmen, aber das Budget abzulehnen.

«Die Stimmbürger werden um die Abstimmung über das Budget betrogen», polterte der Kantonsrat. Regierungsrätin Jacqueline Fehr (SP) warf er vor, «schlecht legiferiert zu haben». Ratspräsident Roman Schmid (SVP, Opfikon) unterstellte er «Überforderung» wegen eines Regelfehlers, der diesem unterlief.

Die vorberatende Kommission habe die Problematik der Steuerfuss- und Budget-Abstimmung durchaus erkannt und auch diskutiert, konterte Kommissionspräsident Stefan Schmid (SVP, Niederglatt). Der Antrag Amrein würde an der Urne zu einem Schlamassel führen, warnte er. Dies wäre dann der Fall, wenn das Budget genehmigt würde, nicht aber der Steuerfuss, auf dem dieses basierte.

Amreins Argumentation teilte schliesslich kaum jemand. Sein Rückkommensantrag wurde mit 154 zu 8 Stimmen abgeschmettert. Schon in der ersten Lesung war der streitbare Kantonsrat mit einer Attacke auf dieses Gesetz, in dem er einen Angriff auf die Direkte Demokratie sieht, haushoch gescheitert.

Das Parlament verabschiedete das befristete Regelwerk mit 158 zu 3 Stimmen überaus klar. Es untersteht dem fakultativen Referendum.

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