Neue Regeln Zürcher Kantonsrat zieht Sozialdetektiven die Zähne

SDA

4.11.2019 - 14:24

Sozialdetektive sollen Missbrauchsfälle aufdecken helfen – elektronische Überwachung ist für sie in Zürich aber auch künftig tabu.
Sozialdetektive sollen Missbrauchsfälle aufdecken helfen – elektronische Überwachung ist für sie in Zürich aber auch künftig tabu.
Symbolbild: Keystone/Ennio Leanza

Sozialdetektive sollen im Kanton Zürich weder unangemeldete Hausbesuche machen, noch elektronisch Fahrzeuge verfolgen dürfen. Der Kantonsrat hat einen bürgerlichen Vorstoss entschärft – nach teils gehässiger Diskussion.

Sozialdetektive im Kanton Zürich sollen weder unangemeldete Hausbesuche machen, noch elektronisch Fahrzeuge verfolgen dürfen. Der Kantonsrat hat eine entsprechende parlamentarische Initiative von FDP und SVP entschärft – nach stellenweise gehässiger Diskussion.

Die Initiative war 2017 eingereicht worden. Zuvor hatte die Stadt Zürich wegen eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom Oktober 2016 den Einsatz von Sozialdetektiven sistiert.

Das Begehren von FDP und SVP will denn auch in erster Linie den Einsatz von Sozialdetektiven bei der Kontrolle von Sozialhilfebezügern und verdeckte Observationen dazu auf eine rechtliche Basis stellen. Die Notwendigkeit einer kantonalen Regelung war im Rat weitgehend unbestritten, zumal Ende 2018 auch der Zürcher Bezirksrat eine solche für notwendig befunden hatte.

Unangekündigte Besuche und Fahrzeug-Tracking

Nur die Alternative Liste (AL) war der Meinung, dass der Einsatz von Sozialdetektiven gar nicht erst ermöglicht werden sollte. Es gehe nicht an, dass allein in der Sozialhilfe eine Privatpolizei geschaffen werde mit Sonderrechten, die schärfer seien als bei anderen Delikten.

Der Grossteil der Diskussion im Rat drehte sich um diese Rechte der privaten Sozialdetektive. Umstritten waren primär zwei Forderungen der parlamentarischen Initiative (PI): Sozialdetektive sollten unangekündigte Hausbesuche bei Sozialhilfebezügern machen dürfen und müssten unter Sanktionsandrohung praktisch zwingend eingelassen werden. Zudem sollten Fahrzeuge der Hilfebezüger elektronisch verfolgt werden dürfen, um die Bewegungen analysieren zu können.

Regierungsrat ging es zu weit

Der Regierungsrat und eine knappe Mehrheit der vorberatenden Kommission hatten beide Forderungen aus dem Gesetzesentwurf gekippt, weil sie ihnen zu weit gingen. FDP und SVP wollten deshalb gar nicht erst auf die – notabene eigene – Vorlage eingehen. Sie wurden aber überstimmt.

«Was dem Kantonsrat vorliegt, entsprecht in keiner Weise der parlamentarischen Initiative», wetterte Mitinitiantin Linda Camenisch (FDP, Wallisellen). Die Vorlage sei zu einem Papiertiger geworden.

Es sei klar, dass die Initiative korrigiert werden müsse, weil sie gegen rechtsstaatliche Prinzipien verstosse, konterte die Grüne Kathy Steiner (Zürich). Und Daniel Häuptli (GLP, Zürich) doppelte nach: «Wenn wir Privaten Polizeirechte einräumen, begeben wir uns auf rechtsstaatliches Glatteis».

FDP-Frau Camenisch versuchte, die «scharfen» Rechte für die Sozialdetektive mit einem Minderheitsantrag wieder in den Gesetzestext einzubringen. Der Antrag wurde allerdings nur von SVP und EDU unterstützt und scheiterte.

Aufsicht über Detektive gestärkt

Das Pendel im Rat schlug sogar auf die andere Seite aus: Es wurde ein Minderheitsantrag der Grünen Jeannette Büsser (Zürich) angenommen, der die Aufsicht über das Tun der Sozialdetektive stärkt. Konkret soll deren Einsatz nicht von den kommunalen Sozialämtern angeordnet werden können, sondern vom Bezirksrat bewilligt werden müssen.

Die Vorlage «Klare rechtliche Grundlagen für Sozialdetektive» wurde am Montag in erster Lesung durchberaten. Nach der Bearbeitung durch die Redaktionskommission wird sich der Rat noch ein zweites Mal damit befassen.

Ob die entsprechende Änderung des Sozialhilfegesetzes dann angenommen wir, ist unsicher. FDP und SVP hoffen, es in einer unheiligen Allianz mit der AL zu bodigen. Und für den Fall, dass das Regelwerk durchkommen sollte, machte im Rat bereits die Drohung eines Referendums die Runde.

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