Das Freizügigkeitsabkommen mit der EU schützt nicht vor einem Landesverweis: Das Zürcher Obergericht hat entschieden, einen 35-jährigen Portugiesen für 5 Jahre des Landes zu verweisen. Der Mann hatte im Juli 2017 die Post von Kollbrunn überfallen.
Als Tatwaffe wählte der Eisenleger eine Wasserpistole, die er mit Klebeband umwickelte, so dass sie wie eine echte Pistole aussah. In der Post-Filiale von Kollbrunn bei Winterthur nahm er sich ein Fläschchen Tipp-Ex und tat so, als wolle er bezahlen.
Als die Angestellte die Kasse öffnete, zückte er seine Wasserpistole, rief «Geld, Geld!» und sprang über die Theke. Mit rund 2000 Franken trat er danach die Flucht an. Das Bezirksgericht Winterthur verurteilte ihn im Januar 2018 zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 22 Monaten – aber zu keinem Landesverweis.
Landesverweis nach «Katalogtat»
Das Bezirksgericht Winterthur orientierte sich damals an der Praxis des Obergerichtes, das bei einer «Katalogtat» ebenfalls schon auf eine Ausschaffung verzichtet hatte. Das Obergericht tat dies mit der Begründung, dass das Freizügigkeitsabkommen mit der EU Vorrang habe.
Damals ging es um einen Deutschen Schläger. Der Verzicht auf den Landesverweis für den Deutschen liess jedoch die Wogen hochgehen, der Staatsanwalt zog das Urteil weiter. Das Bundesgericht wies das Obergericht daraufhin an, auch bei EU-Bürgern Landesverweise auszusprechen, wenn sie eine der «Katalogtaten» begangen hatten.
Seit 2016 werden solche Delikte automatisch mit einem Landesverweis belegt. Beispiele für «Katalogtaten» sind etwa vorsätzliche Tötung, schwere Körperverletzung, Betrug, Brandstiftung, Angriff oder sexuelle Handlungen mit Kindern.
Diese Liste geht auf die Ausschaffungs-Initiative der SVP zurück, der die Stimmbevölkerung im November 2010 zugestimmt hatte. Das entsprechende Gesetz ist seit dem 1. Oktober 2016 in Kraft.
Die Haltung des Bundesgerichtes, dass bei «Katalogtaten» auch EU-Bürger ausgeschafft werden sollen, hat nun Auswirkungen auf den Post-Räuber.
Die Staatsanwaltschaft zog das Bezirksgerichts-Urteil aus Winterthur ans Obergericht weiter, welches nun zusätzlich noch einen Landesverweis aussprach. Dieser dauert 5 Jahre – das Minimum, weil der Portugiese Ersttäter war. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Verurteilte kann es noch ans Bundesgericht weiterziehen.
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