Bundesliga-Schlusslicht war Union Berlin schon einmal. Vor mehr als vier Jahren, gleich nach dem Premierenspiel. Diesmal ist die Lage viel prekärer. Radikale Änderungen lehnt Trainer Fischer ab.
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
- Urs Fischer kommt mit Union Berlin nicht vom Fleck. Nach der 0:4-Niederlage gegen Leverkusen nehmen die Eisernen den letzten Platz in der Bundesliga ein.
- Urs Fischer schaltet in den Notfallmodus und deklariert alle Trainings in dieser Woche als «nicht-öffentlich».
Dinge verändern oder gar alles auf den Kopf stellen? Das ist nicht die Art von Urs Fischer. Auch nicht als Tabellenletzter der Fussball-Bundesliga. Auch nicht nach einem ziemlich desaströsen Auftritt beim 0:4 bei Bayer Leverkusen. Nach Revolution hörte sich das trotz der grossen Tristesse in Köpenick angesichts des sportlichen Absturzes von Union Berlin jedenfalls nicht an. «Es ist nicht so, dass wir an Dingen festhalten, wenn sie nicht funktionieren», sagte Fischer. Fügte aber kategorisch an: «Elementare Abläufe braucht es. Und die gilt es zu verfestigen.»
Also: Weiter so? Fischer macht jedenfalls erst mal dicht. Alle Trainingseinheiten in dieser Woche wurden als «nicht-öffentlich» deklariert. Der Schweizer braucht jetzt vor allem eines: Ruhe und den Fokus auf das Wesentliche. Die Niederlage bei der überlegenen Werkself hatte den Eisernen am Sonntagabend noch einmal auf dramatische Weise vor Augen geführt, woran es derzeit mangelt: eigentlich an allem, was Erfolg verspricht.
«Wir haben so viele Niederlagen kassiert. Wir müssen uns in sehr vielen Bereichen verbessern, ansonsten wird es schwierig, die Klasse zu halten», redete der recht ratlos wirkende Kapitän Christopher Trimmel Klartext. Fischer war nicht weniger eindeutig. «Wenn du im Abstiegskampf spielst, brauchst du eine andere Körpersprache, eine andere Mentalität», sagte er noch in der BayArena.
Noch demonstrieren die Bosse Treue
Doch darf er diese Mentalität noch vermitteln? Ohnehin staunt die Branche, dass die Mechanismen in Köpenick (noch) nicht gelten. Nach neun Niederlagen in Serie wäre wahrscheinlich kein anderer Bundesliga-Trainer noch im Amt. Auch Fischer weiss, dass die «Jobgarantie» durch Manager Oliver Ruhnert oder Präsident Dirk Zingler nicht unbegrenzt gilt. «Die Situation wird immer wieder neu beurteilt», sagte der 57-Jährige. Nach Aufgabe aus eigenen Stücken hörte er sich noch nicht an, auch wenn die Mimik ziemlich fahl wirkte.
Ein Plus für Fischer ist die Union-DNA. Unkritisch gegenüber Club und Team zu sein, ist beim Köpenicker Anhang Teil des Kults, den sie nicht nur pflegen, sondern zelebrieren. Das auferlegte Grossfamilien-Gefühl soll in der Berliner Wuhlheide nicht in Gefahr geraten. Da wird im Fanblock eher pauschal gegen angeblich kritische Medien ausgekeilt.
Dieses Moral-Modell trug Union auf einer unfassbaren Erfolgswelle mit Fischer als knurrigem Zeremonienmeister innerhalb von vier Jahren aus der zweiten Liga in die Champions League. Und nun wieder Retoure? Fischer versucht, den Eindruck zu vermitteln, er könne den Trend stoppen. «Wir müssen dieses Spiel in Leverkusen gründlich ansprechen – in den zwei Wochen haben wir genug zu tun», sagte er zu seinen Aufgaben in der Länderspielpause.
Leichte Gegner bis Weihnachten
Die Statistiken sprechen gegen Union. Nie konnte ein Club die Klasse halten, wenn neun Spiele in Serie verloren gingen. Fussball wieder zu arbeiten, gilt als Losung. Und die Gegner machen ein bisschen Hoffnung. Mit Ausnahme des FC Bayern München scheinen alle 2023 verbliebenen Kontrahenten an guten Union-Tagen besiegbar: FC Augsburg, Borussia Mönchengladbach, VfL Bochum, 1. FC Köln heissen sie bis Weihnachten.