Nach langer und intensiver Abwägung legt der SC Freiburg Einspruch gegen die Niederlage im Duell mit dem FC Bayern ein. Der Präzedenzfall wird nun vom DFB-Sportgericht aufgearbeitet.
Der heiss diskutierte Wechselfehler des FC Bayern München bekommt ein juristisches Nachspiel. Der SC Freiburg legte am Montag nach einem «intensiven und äusserst differenzierten Abwägungsprozess» offiziell Einspruch gegen die Wertung des mit 1:4 verlorenen Bundesligaspiels ein.
«Wir befinden uns in einem unverschuldeten Dilemma. Der SC Freiburg hatte keinen Anteil und Einfluss auf die Geschehnisse rund um den Wechselvorgang. Dennoch zwingt uns die Rechts- und Verfahrensordnung des DFB formal in eine aktive Rolle, um die Vorgänge rechtlich überprüfen zu lassen», heisst es in einer Mitteilung des Tabellenfünften der Bundesliga.
Der Ball liegt nun beim Sportgericht des Deutschen Fussball-Bundes, das sich mit dem Präzedenzfall beschäftigen wird. Das Gremium werde zunächst Stellungnahmen von den Verfahrensbeteiligten einholen und dann über den weiteren Fortgang des Verfahrens entscheiden, teilte der DFB am Montagabend mit. Im Falle eines Freiburger Verzichts auf einen Einspruch hätte der DFB nicht eingegriffen.
Kommen die Bayern ungeschoren davon?
Die Bayern reagierten gelassen auf den Freiburger Protest. «Wir sind überzeugt, dass das DFB-Sportgericht nach den anwendbaren Regelungen nur zu einer Entscheidung kommen kann: Die Wertung unseres 4:1-Sieges bleibt erhalten», sagte Michael Gerlinger, Vizepräsident Sports Business und Competitions der Münchner, am Montag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur.
Der Rekordmeister hatte in der Schlussphase der Partie am vergangenen Samstag für knapp 20 Sekunden zwölf Spieler auf dem Feld, ehe Referee Christian Dingert die Begegnung beim Stand von 1:3 unterbrach. Ein klarer Regelverstoss, der allerdings keine Auswirkungen auf den Ausgang der Begegnung hatte. Freiburg begründete den Einspruch damit, dass ein zu diesem Zeitpunkt nicht spiel- oder einsatzberechtigter Spieler mitgewirkt habe. Dies sieht das DFB-Regelwerk vor.
Die Verwirrung war entstanden, als bei der geplanten Auswechslung von Bayern-Spieler Kingsley Coman die falsche Rückennummer angezeigt wurde. Der Franzose fühlte sich wohl nicht angesprochen und ging bei einem Doppelwechsel zunächst nicht vom Feld. Dingert, der erst von Freiburgs Abwehrspieler Nico Schlotterbeck auf den Wechselfehler aufmerksam gemacht worden war, hielt die Ereignisse später im Spielbericht fest.
Freiburger fühlen sich «ausgesprochen unwohl»
DFB-Schiedsrichterchef Lutz Michael Fröhlich sieht eine Teilschuld für den Vorfall beim Referee, der aber wohl nicht mit einer Sperre rechnen muss. «Ich fände es fatal als Botschaft», sagte Fröhlich am Montag dazu. Kritik gab es von Schiedsrichter-Beobachter Knut Kircher. «Das ist ein Fauxpas des Schiedsrichterteams, der so nicht passieren darf, wenn man die Spielleitung bis zum Ende konzentriert durchbringen will», sagte der frühere Spitzenreferee bei «SWR Sport».
Die Freiburger wollen mit ihrem Einspruch nun eine sportrechtliche Bewertung des Präzedenzfalls herbeiführen und damit auch für andere Clubs künftig Rechtssicherheit in vergleichbaren Fällen schaffen. Zudem geht es dem Verein auch um die Wahrnehmung wirtschaftlicher und sportlicher Interessen. Immerhin kämpft der Tabellenfünfte um eine Teilnahme am internationalen Wettbewerb, die viel Geld einbringen würde.
Man fühle sich in der aktiven Rolle «ausgesprochen unwohl», teilte der Verein mit. «Dennoch hat sich der Vorstand des Sport-Club Freiburg e.V. nach intensiven Gesprächen auf unterschiedlichen Ebenen und einer juristischen Prüfung dazu entschieden, Einspruch gegen die Wertung des Spiels einzulegen.» Es gehe um die Wahrnehmung der Gesamtverantwortung für den Verein in wirtschaftlicher als auch sportlicher Hinsicht und unter Berücksichtigung der Interessen der Anspruchsgruppen.
Den Bayern, die sich dennoch weiter auf dem besten Weg zur zehnten Meisterschaft nacheinander befinden, droht damit am Grünen Tisch der Abzug von drei Punkten. Bis zur Klärung des Vorfalls beträgt das Polster des Spitzenreiters auf Verfolger Borussia Dortmund aber trotzdem noch komfortable sechs Zähler.