Tristesse statt Triumph: Nach dem verpassten vorzeitigen Einzug in das Champions-League-Achtelfinale überwiegt beim BVB der Frust. Ein Führungsspieler schlägt kritische Töne an.
Mats Hummels wirkte mürrisch wie ein Verlierer und verspürte wenig Lust auf Schönfärberei. Die beim 1:1 über den FC Sevilla verspielte Chance auf einen vorzeitigen Einzug in das Achtelfinale der Champions League veranlasste den Dortmunder Abwehrchef zu kritischen Worten. «Es muss aus manchen Köpfen raus, dass Fussball sexy sein muss. Erfolgreicher Fussball ist nicht Hacke-Spitze-eins-zwei-drei auf fünf Metern», klagte der Weltmeister von 2014 mit Bezug auf fehlende Effektivität. In erster Verärgerung über den tristen Auftritt gegen die eigentlich seit Wochen kriselnden Spanier attestierte er der Borussia «nicht genug Spielintelligenz»: «Fussball ist eigentlich ein simples Spiel, aber wir machen es immer selber kompliziert.»
Die noch drei Tage zuvor nach dem 2:2 im Bundesliga-Gipfel gegen den FC Bayern München vorherrschende gute Stimmung schien beim 33-jährigen Routinier vollends verflogen. «Nach der Halbzeit haben wir bestimmt zwanzig Bälle leicht verloren. Das war vollkommen unnötig gegen eine verunsicherte Mannschaft», monierte Hummels im TV-Interview bei Amazon Prime. Sichtlich genervt warb er für eine wirkungsvollere Spielweise mit weniger Schnörkeln. «Das versuche ich zu kommunizieren, aber es ist natürlich schwierig, wenn man das Gefühl hat, dass da nicht genügend Leute sonst noch sind, die in der Lage sind, immer wieder anzuschieben.»
Dieser Schelte des Dortmunder Ersatzkapitäns mochte Edin Terzic nicht widersprechen. «Das sind Worte, die auch schon mal meinen Mund verlassen haben. Mir ist es wichtig, dass das Wort wir dabei war. Wir müssen einfach viel präziser und effektiver Fussball spielen», kommentierte der Fussball-Lehrer nach der Partie mit dem Führungstreffer der Gäste durch den ehemaligen Münchner Tanguy Nianzou (18.) und dem Ausgleich von Jude Bellingham (35.). Wie Hummels trauerte auch Terzic der vergebenen Chance nach, ohne Druck in die noch verbleibenden zwei Gruppenspielen gegen Manchester City (25. Oktober) und beim FC Kopenhagen (2. November) gehen zu können: «Es war ziemlich zäh. Deshalb müssen wir heute mit diesem Unentschieden leben.»
Kobel bleibt optimistisch
Nicht nur von Hummels gab es Beanstandungen. Weil der BVB zum wiederholten ein Gegentor nach einem Standard hinnehmen musste, regte Nationalspieler Niklas Süle eine Aussprache in der Mannschaft an: «Das ist ein Problem. Da müssen wir uns mal zusammensetzen, weil es viel mit Einstellung zu tun hat.» Zu einem weiteren Manko ist die fehlende Durchschlagskraft im Angriff geworden. Gleich neun Bundesligisten haben in dieser Saison mehr Tore erzielt als der über Jahre für seine Offensivpower gerühmte BVB. Mittelfeldspieler Julian Brandt hofft auf Besserung schon am Sonntag im kniffligen Spiel beim bereits um vier Punkte enteilten Tabellenführer 1. FC Union Berlin: «Auch mit Hinblick auf Sonntag ist es wirklich ein Thema, uns mehr Chancen herauszuspielen. Wir müssen die Chance erhöhen, Tore zu erzielen.»
Doch bei aller Enttäuschung über das unnötige Nachsitzen im Kampf um den Einzug in das Champions-League-Achtelfinale scheint der BVB weiter auf gutem Weg, sich ein peinliches Vorrunden-Aus wie im Vorjahr zu ersparen. Als Tabellenzweiter hinter dem bereits qualifizierten Favoriten Manchester City (10) beträgt der Vorsprung auf die Verfolger aus Sevilla (2) und Kopenhagen (2) immerhin fünf Punkte. «Natürlich wollten wir es heute eigentlich fix machen. Aber wir haben weiterhin eine gute Ausgangslage», befand Süle. Ähnlich zuversichtlich gab sich Torhüter Gregor Kobel: «Klar wäre es schön gewesen, es schon heute klarzumachen. Aber dann machen wir es jetzt in den nächsten Spielen.»