RB Leipzig Dayot Upamecano: Das «Naturereignis» aus dem Fussballkäfig

Von Luca Betschart

17.8.2020

Wurde im Champions-League-Viertelfinal gegen Atlético zum «Man of the match» gewählt: Dayot Upamecano.
Wurde im Champions-League-Viertelfinal gegen Atlético zum «Man of the match» gewählt: Dayot Upamecano.
Bild: Getty

Dayot Upamecano zeigt im Champions-League-Viertelfinal eine Leistung nahe der Perfektion und ist für RB Leipzig mit 21 Jahren bereits eine Schlüsselfigur. Höchste Zeit, den Innenverteidiger unter die Lupe zu nehmen.

«Was ist los, Timo? Bist du krank?», schreit Ralph Hasenhüttl im Januar 2017 mit einem breiten Grinsen über den Trainingsplatz. Der damalige Leipzig-Trainer hat gerade beobachtet, wie sein pfeilschneller Stürmerstar Timo Werner die jüngste Neuverpflichtung aus Salzburg, Dayot Upamecano, überlaufen will – und es nicht hinkriegt. Spätestens zu diesem Zeitpunkt weiss man bei den «Bullen» Bescheid.

«Schon witzig, dass es die Leute in Frankreich überrascht, wie gut er ist. Uns ist das bis jetzt nicht verborgen geblieben», sagt Teamkollege Marcel Sabitzer an der Pressekonferenz einem französischen Journalisten nach dem Champions-League-Viertelfinal gegen Atlético. Er fügt an: «Dass er mal einer der besten Innenverteidiger der Welt wird, da bin ich mir ziemlich sicher».

Auch Emil Forsberg, schwedischer Siegtorschütze im WM-Achtelfinal gegen die Schweiz, schwärmt vom jungen Franzosen: «Auf dem Platz ist er ein Biest. Gegen ihn will niemand spielen. Er hat alles, was man als Innenverteidiger braucht.» Trainer Julian Nagelsmann formuliert es so: «Er ist sauschnell und hat einen Megakörper.»

«Ich bin immer wieder aufgestanden»

Dayotchanculle Oswald Upamecano, wie er mit vollem Namen heisst, wird 1998 in Evreux in der Normandie geboren. Er wächst in armen Verhältnissen auf, Fussball spielt er in seinen Anfängen in einem Käfig mit Metall-Toren. «Der Käfig hat mich zu dem Spieler gemacht, der ich heute bin», sagt er einst und begründet: «Es war nicht einfach, auf dem Asphalt zu spielen. Aber ich bin immer wieder aufgestanden.» Regelmässig kommt er mit Blessuren und Schürfungen nach Hause.

Doch die Kämpferqualitäten verhelfen ihm schliesslich in die Talentschmiede des FC Valenciennes, wo er sich prächtig entwickelt. Im Alter von 16 Jahren steht Upamecano bereits bei zahlreichen Grossklubs auf dem Einkaufszettel. Bayern, Paris Saint-Germain und beide Manchester-Klubs sind interessiert – doch der Teenager entscheidet sich mit seiner Familie für einen Zwischenschritt und den Transfer zu RB Salzburg.

Als er auf dem Weg nach Österreich in München zwischenlandet, unternehmen Vermittler des FC Bayern tatsächlich noch einen letzten Versuch, Upamecano an die Säbener Strasse zu lotsen – allerdings ohne Erfolg. Grossen Anteil daran hat der damalige Leipzig-Sportdirektor Ralf Rangnick, der die Familie im Vorfeld des Transfers zweimal in Frankreich besucht. «Upa ist ein Naturereignis. Schon damals war zu sehen, was das für ein Spieler werden kann. Er passte wie gemalt zu uns», sagt Rangnick heute. 

Anlaufschwierigkeiten in der Bundesliga

Eineinhalb Jahre später folgt für Upamecano, der in Salzburg zum Stammspieler reift, schliesslich der Sprung zu RB Leipzig. In der Bundesliga hat er gewisse Anlaufschwierigkeiten, zu ungestüm geht der Verteidiger mit guinea-bissauischen Wurzeln in viele Zweikämpfe. Wie Teamkollege Klostermann bestätigt, sind diese Zeiten aber längst vorbei. «Er hat bei uns eine extrem positive Entwicklung genommen und ist viel cleverer geworden. Er steht wortwörtlich seinen Mann und räumt alles ab.»



Neben dem Rasen ist Upamecano weit weniger auffällig. Er gilt als Musterprofi und scheint öffentlichkeitsscheu, Interviews mit ihm sind zumindest derzeit noch eine Rarität. Lieber lässt der 21-Jährige die Taten auf dem Platz für sich sprechen – und tut das gegen Atlético mit Bravour.

Kann er sein Potenzial im Halbfinal gegen PSG (Dienstag, ab 20:00 Uhr live auf Teleclub) erneut abrufen, dürfte es auch für Neymar und Co. unangenehm werden. «Er hat eine grosse Bedeutung, dieser Bedeutung ist er sich noch gar nicht so richtig bewusst», glaubt sein Trainer Nagelsmann und fügt vielsagend hinzu: «Wenn er im Training Vollgas gibt, wird er nicht aufzuhalten sein.»

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