Jahrelang war Thomas Müller unumstrittener Stammspieler bei Bayern München. Unter Thomas Tuchel hat der Wind gedreht. Mittlerweile ist der 34-Jährige nur noch Edel-Reservist. Droht der Klub-Legende ein Abschied auf Raten?
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
- Thomas Müller ist keine Stammkraft mehr beim FC Bayern München, darf aber am Mittwoch (21 Uhr auf blue Sport) gegen den FC Kopenhagen starten.
- Trainer Thomas Tuchel lobt Müller zwar in der Öffentlichkeit, Spielpraxis erhält die «spielende Legende» aber selten.
- Die Experten Lothar Matthäus und Mario Basler sehen in Zukunft keine Änderung und eine schwierige Entscheidung für den Routinier.
Als Trainer-Legende Louis van Gaal 2009 zu den Bayern kam, fiel ihm in der zweiten Mannschaft ein schlaksiger Spieler auf, der irgendwie immer am richtigen Ort stand: Thomas Müller. Der Holländer warf das junge Eigengewächs ins kalte Wasser, der Oberbayer schwamm an der Säbener Strasse so schnell mit den grossen Stars mit, dass van Gaal öffentlich erklärte: «Müller spielt immer».
Dieses Mantra galt beim deutschen Rekordmeister dann jahrelang auch für die Nachfolger von van Gaal. Und Müller zahlte das Vertrauen in München stets mit Toren und Assists zurück. Auch in der Nationalmannschaft wurde Müller bald Stammkraft – und holte mit dem DFB 2014 in Brasilien den Weltmeistertitel.
Matthäus zur Situation: Wie ein schleichender Abgang
Doch seit Thomas Tuchel im letzten Frühling das Zepter im Klub übernahm, sucht der «Raumdeuter» seinen Platz in der Mannschaft. In der internen Hierarchie beim Offensivpersonal sind Jamal Musiala, Harry Kane, Leroy Sané, Kingsley Coman, Serge Gnabry oder auch Eric Maxim Choupo-Moting vorne. «Und erst dann kommt irgendwann Müller», analysierte Lothar Matthäus jüngst.
Mi 29.11. 19:55 - 00:00 ∙ blue Sport Live ∙ Live Fussball: FC Bayern München - FC Copenhagen
Event ist beendet
Aus Sicht des deutschen Rekord-Nationalspielers wird Müller auch in Zukunft nicht mehr die Einsatzminuten wie noch vor einiger Zeit bekommen. «Wenn er sich zutraut, wie vor zwei Jahren von Anfang an zu spielen, dann muss er den Verein wechseln. Das muss man offen sagen», hielt Matthäus fest.
Der 62-Jährige schrieb in seiner Sky-Kolumne: «Müllers Situation sieht nach einem schleichenden Abgang aus. Alles, was zu dem Thema von Bayern-Seite kommt, entspricht nicht dem, was wir Woche für Woche sehen.»
In der Tat geben sich der Verein und Tuchel grosse Mühe, seinen verdienten Profi nicht öffentlich zu desavouieren. Im bedeutungslosen Spiel (Bayern ist frühzeitig als Gruppenerster für die K.O.-Phase qualifiziert) gegen Kopenhagen darf Müller wieder mal von Beginn ran.
«Thomas bleibt eine Legende. Normalerweise wird er spielen, auch von Beginn an spielen», erläutert Tuchel an der Pressekonferenz, den die Müller-Diskussion nervt. «Das trifft nicht immer des Pudels Kern, wenn man einzig und allein Thomas' Minuten unter das Brennglas legt. Das hilft weder Thomas noch uns.»
Doch die Zahlen sprechen heuer eine klare Sprache: Der mittlerweile 34-jährige Müller stand in dieser Saison wettbewerbsübergreifend in 18 Spielen nur 5 Mal in der Startelf und wurde 9 Mal eingewechselt.
Er wisse nicht, wie der Weltmeister von 2014 im Training performe, aber wenn er spiele, falle er zumindest nicht ab und bringe seine Leistung, so Matthäus. «Es ist schwierig, mit dieser Situation umzugehen, und es ist schwierig, mit dieser Situation zufrieden zu sein», findet Matthäus. Was Müllers Zukunft beim FC Bayern angehe, sei die Frage, was dieser wolle.
Kommt Müller mit neuer Rolle klar?
Müller hatte zuletzt angekündigt, seine Karriere bis mindestens 2025 fortsetzen zu wollen. Der Vertrag des 34-Jährigen endet nach dieser Spielzeit. Bayern-Sportdirektor Christoph Freund hatte zuletzt am Rande des 1:0-Sieges in Köln Gespräche mit Müller in den nächsten Wochen angekündigt. «Die Situation für den Thomas ist eine andere als sie davor war. Er nimmt das super an. Er ist ganz wichtig für die Mannschaft, für den Verein», sagte Freund. Müller gehöre zum FC Bayern, es müsse aber für alle Seiten passen.
An solche Töne muss sich der Fan-Liebling erstmals gewöhnen. Für Ex-Bayern-Star Mario Basler muss Müller mit seiner neuen Rolle eine massive Gehaltskürzung in Betracht ziehen, wenn er weiterhin eine Zukunft haben will.
«Man kann ihm nicht nochmal für die Ersatzbank 22 Millionen Euro bezahlen. Das wäre auch völlig übertrieben», so Basler in seinem Podcast «Basler Ballert» (via Bunte). Er stellte Müller zwei Optionen in Aussicht: «Entweder hört er ganz auf und wird eine Funktion bei Bayern übernehmen oder er wird noch mal ein Jahr verlängern zu weniger als der Hälfte der Bezüge.»
In der Nationalmannschaft hat Müller es bereits erlebt, wie es ist, wenn die Bedeutung innerhalb der Mannschaft schwindet. Nach dem blamablem WM-Aus 2022 in Katar verzichtete der mittlerweile geschasste Bundestrainer Flick auf den Routinier.
Doch in diesem Herbst holte der DFB seinen aktuell erfolgreichsten Schützen (45 Tore in 126 Länderspielen) zurück. Auch Flick-Nachfolger Nagelsmann will weiterhin auf die Dienste seines früheren Schützlings zählen und ihn an die EM mitnehmen. Trotzdem ist aktuell ziemlich unwahrscheinlich, dass Müller mit viel Einsatzminuten in den Beinen in das Heim-Turnier steigen wird.